Dass sich am Humor die Geister scheiden, ist ja nichts Neues. Ich selbst hatte aber vor kurzem noch die wagemutige Idee, die Nibelungen-Sage als Grundlage für ein neues AceOfDice-Rollenspiel heran zu ziehen. Und zwar in einer Fassung, die es noch nie gegeben haben würde:
Da wäre zum Beispiel enthüllen zu gewesen, dass Siegfried in Wahrheit ein stümperhafter Tölpel war, der einfach das Glück hatte, einem ohnehin schon kranken Drachen den coup-de-grâce zu versetzen. Knapp gefolgt von Brunhild, die als Sadomaso-Queen die intimsten Geheimnisse aller möglichen Könige rund um Island kannte und damit den Mythos ihrer Unantastbarkeit nährte. Reden wir lieber nicht von Hagen, der sich nie an den Verlust seines einen Auges gewöhnte und regelmäßig beim Durchschreiten von Pforten gegen den Türstock knallte.
Wenn dir beim Lesen des letzten Abschnitts bestenfalls ein mildes Schmunzeln entfleucht ist, hast du unwillkürlich meine These bestätigt, dass ein humoreskes Rollenspiel nur schwerlich funktionieren kann. Humor lässt sich nicht vorprogrammieren, sei er subtiler Art oder Marke Holzhammer.
Humor im Rollenspiel ist ein Produkt der Situation. In unserer Runde etwa wurden Gegner in die Frucht geschlagen, man hörte hinter einer Tür Gerümpel, ein Meuchelmörder hielt einem SC die Kehle an den Hals, und Handelswaren wurden irgendwo stromabwärts transpiriert. Es gab einen 3 Meter großen Gamantulen, der sich einen Busch auf den Kopf setzte, um einen Haufen Raben zu täuschen. Es gab eine Verfolgungsjagd, in der ausgewachsene Helden vor einem beinlosen Bettler davonliefen. Es gab einen 12.-stufigen Magier, der vor 2 Goblins auf einen Baum flüchten musste. Das sind die Dinge, bei deren Erinnerung wir heute noch lachen.
Aber nichts davon war geplant. Zum Glück!
Da hast Du wohl leider recht. Ich denke, es könnte gehen oder man kann es zumindest fördern, aber es ist wirklich hohe Kunst. Genauso wie es sowieso hohe Kunst ist guten Humor an den Mann zu bringen (und nicht das übliche flache Zeug). Ich hätte tierisch Lust darauf den Humor der Hägar-Comics in einer Fantasy-Kampagne aufzugreifen, aber ich weiß das es so ohne weiteres nicht funktionieren kann.
Tja, in einem Roman oder Film hat der Autor halt Zeit einen Witz zu entwickeln und den Gag zu plazieren. Den Luxus hat man in Rollenspiel nicht. Also endet es meistens in … naja … Slapstick und Albernheiten (für die man sich nach 5min schon schämt) oder dem einen oder anderen Wortspiel.
Nur skurile Charaktere und Umgebung macht es noch nicht witzig und auch Paranoia (also das Richtige) oder Toon sind eher von der Slapstickfraktion und auf die Dauer nicht soo witzig.
Scheibenwelt ist sicherlich so richtig schwer. Oder Dying Earth. Weil ja eigentlich eine bierernste und brutale Welt und Handlung abläuft.
Meistens ist Humor im Rollenspiel eher unabsichtlich was viele “Letzte Worte” oder Zitate aus Rollenspielrunden beweisen, wobei fast alle überhaupt nicht witzig sind (außer für die, die es erlebt haben … manchmal).
Klar ist, das Situationskomik die beste Variante in einem Rollenspiel ist, aber man kann durchaus das Setting/Regeln oder Abenteuer so gestalten, dass daraus eher Situationskomik entstehen kann. Ich verweise da einfach mal auf mein aktuelles Rollenspiel SpacePirates. Die Macken des Raumschiffs sind da z.B. so ein Regelelement, die Situationskomik fördert.
Also ich halte es nicht für ein Problem der möglichen Vorbereitung sondern für ein Problem der fehlenden Allmacht. Klar hilft eine mögliche genaue Vorbereitung, aber für einen guten Scherz braucht man üblicherweise das passende Verhalten mehrerer Charaktere. Das hat man im Roman, weil der Autor die Handlungen aller Charaktere bis ins letzte kontrollieren kann. Der SL kontrolliert nur die NSC und auch das nur bedingt, weil die SC da leicht dazwischen funken können. Und die SC kontrolliert er gar nicht. Und man sieht ja schon in der Comedy im TV, wie wenige gute Komödianten es schaffen spontan witzig zu sein und nicht nur wenn alles genau geskripted ist.
Slapstick kann schon funktionieren, skurrile Personnagen auch – man muss akzeptieren, dass nicht jeder Ansatz zündet. Jeder zweite langt ja vollkommen.
Habe das Screwball-Abenteuer aus “AD&D2 Golden Voyages” geleitet, hat durchaus für Gelächter gesorgt. Eigentlich besteht es nur aus einer Ansammlung von Situationen mit Slapstick-Potential, was sich daraus für eine Handlung ergibt, sieht man erst beim Spielen.
Ich sehe das gar nicht so. Humor im Rollenspiel kann sehr wohl geplant, und auch dem Spiel selbst zu Grunde liegen.
Paranoia (also das richtige) ist halt nicht nur schnell verpuffte Slapstick, sondern charakter-basierter Humor wie auch beissende Satire. Dass die meisten Gruppen daraus eben lieber “hö-hö-hö Verräter… ich schiess ihm in den Rücken” machen, kann man dem Spiel weniger anlasten als den Gruppen.
Spiele wie WFRP, Fiasco oder auch Maid sind zum Brüllen komische Angelegenheiten, aber eben vor allem weil das Material diese Dinge ermöglicht und unterstützt. Es wird ein Spiel geschaffen, dass komische und humorvolle Situationen zulässt und erschafft. Man darf halt nicht den Fehler machen ein Rollenspiel mit Gags im Text für ein Comedy-RPG zu halten. Nur weil etwas in schriftlicher Form vielleicht lustig war, muss es nicht im Spiel lustig bleiben. Ein Rollenspiel produziert das Material für Gags, aber nicht die Gags selbst. (Daher ist das Nibelungenbeispiel nur bedingt gelungen, weil die Gags halt schnell aufgebraucht sind und es nicht genug Material für neue Ideen und Gags gibt.)
Viel schwieriger ist jedoch meiner Meinung nach das Problem, dass für die meisten Rollenspieler “Humor” und “richtiges Rollenspiel” fast unvereinbar ist. Ich habe zu viele Rollenspieler kennengelernt, die eine Spielrunde entweder “lustig” oder “richtig” spielen konnten. Aber nicht beides. Gerade Paranoia wird immer wieder von solchen Binärhumoristen heimgesucht. Allerdings gibt es solche Leute auch in anderen Bereichen. Serien wie Buffy zum Beispiel werden von einigen immer noch als “trash-humor” abgelegt, statt sich damit auseinander zu setzen dass Humor und auch Drama in der Serie wiederholt und gerne zusammengeworfen werden, ohne sich dabei alleine auf das eine oder das andere beschränken zu lassen.