Ein Thema, das mir in letzter Zeit öfters begegnet ist (z.B. im Tanelorn), dreht sich um die Frage, inwieweit Rollenspiel ein Hobby für Freunde ist, sein muss oder sein kann, oder ob es gar eine Zweckgemeinschaft ist, bei der die persönliche Bindung zu den Anwesenden in den Hintergrund tritt.
Zum Beispiel bemerke ich, wenn ich darüber nachdenke, dass ich alle zwei Sonntage die Mitglieder meiner Runde treffe und mit ihnen spiele, aber im Grunde genommen keine Ahnung habe, was die Leute in ihrem Leben so tun und treiben. Einen von ihnen kenne ich seit 26 Jahren, und doch erfuhr ich erst nach vielen Monaten, dass er eine Ausbildung zum Masseur macht. Traurig aber wahr: Über seinen SC wusste ich mehr!
Auch bemerke ich, dass die Leute unterschiedliche Zielsetzungen in die Runde einbringen. Einer meinte unlängst, für ihn sei die Runde wichtig, aber das Wichtigste sei ihm das Spiel selbst; ich habe ihn so verstanden, dass es ihm für ein positives Spielerlebnis weitgehend egal ist, mit wem er da am Tisch sitzt.
Ein Blick auf das Beziehungsgeflecht meiner Sonntagsrunde zeigt auch, dass manche untereinander wirklich Freunde geworden sind und sogar mit einander in Urlaub fahren etc., andere wiederum nicht einmal Telefonnummern getauscht haben.
Für mich ist Rollenspiel in zwischenmenschlicher Hinsicht wirklich etwas Paradoxes. Auf der einen Seite sind die Spieler wie in wenigen anderen Hobbies eng mit einander verknüpft – man muss ja doch aus sich heraus gehen, sich öffnen, auf die anderen eingehen usw. -, auf der anderen Seite hat all das nichts mit den Spielern per se zu tun, ihrem wahren Leben, ihren Bedürfnissen, ihren Ängsten, Sorgen, Wünschen, Träumen.
Gestern hatte ich wieder das Glück und Privileg, für die Mädelsrunde leiten zu dürfen, und was ich wirklich nett fand, war, dass sie sich die Zeit nahmen, um mit einander abend zu essen und zu plaudern. Erst danach starteten wir ins Abenteuer. Ja, das kostete Zeit, und das Abenteuer wurde auch nicht fertig an dem Abend, aber dafür hatte man das Gefühl, sich in einem Kreis von Freunden zu befinden, die als solche auch abseits des Rollenspiels existieren. Für mich deutlich befriedigender als ein dramatisch hochspannender Abend mit “Fremden”.
Im Tanelorn gibt es mittlerweile zahlreiche Erfahrungsberichte und Meinungen zu diesem Thema, und ich selbst habe dort mein Fazit bereits von mir gegeben: Ich denke, Rollenspiel hat per se nichts mit Freundschaft zu tun, sondern ist eigentlich ein ziemlich neutrales Hobby. Ich glaube aber auch, dass es wie ein Katalysator wirkt und Freundschaften schneller wachsen oder zu Ende bringen kann.
Viel stärker hängt meines Erachtens die Qualität der Beziehungen in einer Runde von den beteiligten Menschen ab. Manche von uns schließen schneller Freundschaften, andere eher nicht, manche sind extrovertiert, andere introvertiert, manche kommen, um eine Geschichte zu erleben, andere, um mit Gleichgesinnten zusammen zu sein. Ebenso wenig wie es den typischen Rollenspieler gibt, gibt es das typische Beziehungsgeflecht in einer Rollenspielrunde.
Glücklich können sich jedenfalls jene schätzen, bei denen beides – gutes Rollenspiel und gute Freundschaften – zusammen fällt.
Letzteres war bei meiner alten Runde der Fall und glücklich schätze sich jener, der über so eine regelmäßige Spielgruppe verfügt.
Lieber aceofdice!
Rollenspielrunden an sich sind kleine Clubs. Die Qualität der Beziehungen untereinander wird durch das “Davor” und das “Danach” entschieden.
Herzliche Grüße,
Taysal