Was bin ich stolz, etwas für den Rollenspiel-Nachwuchs getan zu haben! Einer der Anfänger aus meiner Destiny Beginner-Runde hat sich nun verselbständigt und als SL eine eigene Anfänger-Runde gegründet. Juhuu! Zwar nicht mit Destiny Beginner, sondern mit Warhammer Fantasy Roleplaying, aber immerhin. 🙂
Nun fragte er mich, wie er denn den ersten Abend gestalten solle, um für alle ein möglichst schönes Spielerlebnis zu bewerkstelligen. Das hat mich zum Nachdenken gebracht, und herausgekommen ist ein Maßnahmen-Paket, das ich hier gerne mit euch teilen würde.
- Charaktererschaffung kurz halten. Meiner Meinung nach sind die Zeiten vorbei, in denen eine ganze Session darauf verwendet wurde, Charaktere zu erschaffen. Um Neulingen von Beginn an klar zu machen, dass Rollenspiel nicht langwierig sein muss, sollte die Charaktererschaffung kurz und schmerzlos erfolgen und genug Zeit für das erste Abenteuer lassen. Wie man das erreicht? Man wählt ein System, das eine schnelle Charakter-Generierung zulässt oder bereitet zumindest so viel wie möglich im Vorhinein vor. Keinesfalls sollten die Spieler erst seitenweise Rollenkonzepte lesen müssen, bevor sie sich entscheiden.
- Erstes Abenteuer in der ersten Session. Ein kleines, aber knackiges Abenteuer sollte die Spieler schon am ersten Abend in die Spielwelt ziehen. Etwas wie “Ihr habt jetzt eure Charaktere erschaffen (*schweiß von der Stirn wisch*) und nächstes Mal spielen wir dann.” ist zum Abgewöhnen. Also besser ein kleines Szenario entwerfen und auf die Spieler los lassen, damit sie gleich in Aktion treten können.
- Einfache Abenteuergestaltung. Ja, generell plädiere ich für Komplexität, Spielerfreiräume etc., aber im ersten Abenteuer sollte vor allem die Post abgehen. Und wenn dafür nur noch 2,5 Stunden Zeit bleiben und nicht mal alle die Regeln kennen, dann ruft das eben nach einem stringenten Plot. Keine Detektivabenteuer, keine ausufernden Intrigen, sondern klare Zielvorgabe, 2-3 größere Hindernisse und ein spannender Finalkampf. Mehr braucht es nicht, um neue Spieler in den Bann zu ziehen.
- Flexibilität. Außerdem: Um so simpler der Plot, desto leichter ist es für den SL, auf Spieleraktionen einzugehen, und das ist bei einer Anfänger-Runde enorm wichtig. Kein Railroading und niemals die Intuition von Anfängern unterschätzen! Die haben sicher schon Bücher gelesen und Drakensang gespielt. Eines haben sie aber in der Regel noch nicht erlebt: Dass eine Geschichte sich tatsächlich durch ihre Aktionen maßgeblich ändert. Ergo ist es im ersten Abenteuer ein besonderes Gebot, auf die Spieleraktionen einzugehen und flexibel mit dem Abenteuer umzugehen. Das ist ein, wenn nicht der USP des Pen&Paper-Rollenspiels!
- Entgegenkommen. Beim Lösen konkreter Situationen wecken Sätze wie “Das geht nicht” oder “Das kannst du nicht” aus dem Mund des SL unangenehme Erinnerungen an die Schulzeit und sollten außen vor bleiben. Vielmehr sollte er die Vorschläge der Spieler so aufgreifen und wenden, dass sie das Geschehen voranbringen oder zumindest interessante Situationen aufwerfen.
Das waren auch schon meine persönlichen Top Five zu diesem Thema. Es gibt natürlich noch 38 weitere Punkte, aber mal ehrlich: Der durchschnittliche Spielleiter – und dazu zähle ich mich auch – ist schon mit diesen wenigen Leitlinien ausreichend gefordert.
Wie steht es mit euch? Was wäre für euch das höchste Gebot für den ersten Abend einer Erstlings-Runde?
Ich würde Punkt 3 noch ergänzen, zumindest wenn der SL kein Anfänger ist oder – wie in deinem Fall – erfahrene Beratung im Hintergrund hat: Spiele ein wirklich typisches Abenteuer. Es kann der abgedrodchenste, ausgelutschteste Plot der Welt sein, die Spieler kennen ihn trotzdem nicht. Bei D&D ist z.B. der Dungeon unbedingt Pflicht. Mein öfter gebrauchtes Einsteigerabenteuer für D&D handelt von einem Dorf, dass von Goblins bedroht wird und hausen dann am Ende natürlich in einem solchen Gewölbe.
Ganz deiner Ansicht. Goblins kommen immer gut. (Hier darf ich das schreiben, denn die Goblinschützer lesen hier nicht mit…)
Um meine “wertvolle” Meinung auch preis zugeben:
Ich denke, dass man sich den Punkt 1 auch etwas sparen kann. Also als Spielleiter, man könnte z.B. im Vorfeld schon einen Char vor jeden anfertigen (Charakter-Generatoren sind da gute Ideen).
Einsteiger sind vielleicht dankbar, dass sie am Anfang einen Pool an Chars haben und sagen können: >Ich mag den da<. Nach ein zwei Abenteuer sind die meisten sowieso unzufrieden, oder wissen genauer was sie haben wollen, und werden sich einen Neuen basteln wollen (oder wenn man Cthulhu spielt werden die schon bald sterben oder verrückt werden [was vor Chtulhu now eh gleich schlimm ist].
Falls ein Spieler aber unbedient selbst basteln will, kann man das auch im Vorfeld machen, warum sollte ich dafür zwischen 15min und 5h verplämmpern mit der gesamten Gruppe?
Ich finde, dass man (potenziellen) Einsteigern möglichst schnell klar machen sollte, wo die Besonderheiten des P&P-Rollenspiels liegen. Dazu gehört mMn auch das Anfertigen maßgeschneiderter SCs vor dem allerersten Rollenspiel-Erlebnis. Bei sonstigen One-Shots und Cons bin ich uneingeschränkt deiner Ansicht, da kann und sollte man das wohl so lösen wie du schreibst. Aber ich gebe zu, das hängt alles stark von den Spielern ab, ob sie sehr charakter-orientiert sind oder eher story-orientiert etc.
In diesem Sinne: guter Einwand!
MMMhm ich kann dir zu 75% zustimmen. Das sind besonders bei so Systemen wie Call of Cthulhu, der Spieler macht seinen Charakter, spielt, daugth ma nicht -> ich mach einen Neuen.
Die 30% sind für mich sachen wie DSA in Verbindung mit Leuten die halt das ganze recht spannend finden aber sich genau garnicht auskennen (im Sinne von: was will ich eigentlich spielen). Da ist mein Vorschlag immer, dass ich den Char mal am PC raushau (mit einfluss es Spielers), dann kann er sich am ersten Abend mal das ganze anschaun (wie ist das System, wie ist mein Char aufgebaut, was kann er und was nicht) und dann kann der Spieler auch leichter sagen >hey ich weiß was ich will, ich weiß worauf ich Wert legen will<. Dann finde ich hat eine mühsame lange Erstellung erst so richtig sinn.
Und beim Rest stimme ich dir voll zu, besonders beim Punkt: Es ist vom Spieler abhängig.
Obwohl es von den Anfängern und ihren bisherigen Berührungspunkten mit dem größeren Hobby abhängt, finde ich den Vorschlag auch gut. Insbesondere bei den angesprochenen “klassenlosen” oder Punkte-Kauf-Systemen sind vorbereitete Charaktere meistens von Vorteil. Ich meine, es geht bisweilen kampagnengestählten Veteranen bei einigen Systemen noch so, daß sie sich ohne klares Konzept bei der Charaktererschaffung verzetteln. Vorbereitete Charaktere sorgen i.d.R. für ausbalancierte Spielfiguren und -rollen.
Nichtsdestotrotz ist und bleibt die Erstellung des eigenen Charakters ein ganz besonderer Moment und wie auch ein unverzichtbares Merkmal des Pen-and-Paper-Spiels.
@Kaufsysteme: Treffer und versenkt – ich bin so ein Veteran. 🙂 (Einer der Gründe, warum ich diese Systeme nicht so sehr mag).
Ich kann Deinen 5 Punkten nur vollumfänglich zustimmen.