Heute würde ich gerne mit euch zum Thema “Gruppe” (gemeint: Spieler, nicht Charaktere) brainstormen. Wie lernt man sie kennen? Wie wichtig ist das menschliche Zusammenpassen? Sind gemischtgeschlechtliche Gruppen “besser” fürs Rollenspiel? Wie groß ist die optimale Gruppe? Wie geht man mit Reservespielern und Fluktuation um?
Ich greife mir mal drei Aspekte, die mir wichtig scheinen, raus.
Kennenlernen. Ich habe gute Erfahrungen mit Foren gemacht. Ich halte es so, dass ich die Leute zuerst abseits des Rollenspiels, z.B. im Kaffeehaus, kennenlerne und beplaudere, weil ich glaube, dass die Beziehungsebene passen muss, um miteinander dauerhaft zu spielen. Kriterien, die ich mir dabei u.a. ansehe, sind geistige Offenheit, Verlässlichkeit und Gruppentauglichkeit. Die Quote der “Maulwürfe”, die nach dem ersten Treffen wieder verschwinden, liegt bei ca. 25%, und interessanterweise verschwanden immer diejenigen, bei denen ich mir selbst gleich nach dem Kennenlernen so etwas wie “Naja…” dachte.
Gruppengröße. Die besten Abenteuer habe ich in 2+1 Runden (2 Spieler, 1 SL) erlebt. Die Intensität und das auf die SCs zugeschnittene Drama waren dort unübertroffen. Ansonsten sind 3+1 meine Wahl, die sind einfach immer aufmerksam. Selbst wenn 2 miteinander reden, hört der 3. (zwangsläufig) zu, was bei 4 oft nicht der Fall ist, v.a. wenn die anderen beiden ein “Konkurrenzprogramm” starten. Dennoch würde ich nicht dazu raten, eine Gruppe auf 3+1 aufzubauen, sondern eher zu 4+1. Nicht weil Dynamik und Problemlösungskompetenz dort höher wären (ich behaupte sogar, dass das Plus an Köpfen durch das Plus an Konflikten wieder neutralisiert wird), sondern weil das Fehlen Einzelner verschmerzbarer wird und damit die Sessionfrequenz stabiler.
Fluktuation. Ich weiß nicht, wie’s euch geht, aber ich finde es mühsam, mir Krankheiten u.ä. auszudenken, an denen SCs gerade laborieren, nur weil der Spieler im letzten Augenblick abgesagt hat. Ich mag es auch nicht, wenn SCs mitgeschleppt werden. Niemand verkörpert sie so richtig, sie können sich auch nicht gegen das Geschehen wehren, sind aber trotzdem in Gefahr, und die Frage, ob sie am Ende XP erhalten sollen, möchte ich mir erst gar nicht stellen müssen. Ich bin daher als SL eher bemüht, Abenteuer in einer Session durchzubringen. Der andere Punkt ist, dass durch 2-3 Wochen Pause viel Wissen und Identifikation verloren geht. Ich habe nur wenige Abenteuer erlebt, in denen eine Pause geistig-kreativ bereichernd war. Es waren hauptsächlich Detektiv-Abenteuer.
Soweit meine Gedanken. Und… was geht euch dazu durch den Kopf?
Kennenlernen mache ich immer bei der Runde. Ein “Date” vorab käme mir zu gestellt vor. Wer nicht passt, der fliegt halt wieder.
Gruppengröße hängt sicher auch extrem von Spielstil und System ab. Als sehr D&D-lastiger Mensch bin ich Fan von idealerweise 4 oder 5, maximal 6 Spielern. 6 immer dann gerne, wenn auch mal einer ausfällt, mit 5en kann man dann noch prima spielen. Aber 6 wird schon echt eng, auch wenn man Dungeoncrawling oder sowas macht. Vor allem als Spieler langweile ich mich dann doch recht viel.
Fluktuation: Da denke ich mir fast nie Krankheiten aus. Wir spielen selten so storylastig, dass die Immersion dadurch gestützt würde. Es weiss ja eh jeder was Sache ist und ingame kann man selbst bei einer guten Geschichte mit dem Charakter nix anfangen, es gibt dem Spiel selten etwas. Bei einer meiner Runden, die speziell als Lückenfüller gedacht ist, also immer mit wechselnder Besetzung auskommen muss, habe ich jetzt das Kampagnenkonzept massiv auf Episodik getrimmt und einen ingame Grund gefunden, dass einer immer zu Hause bleiben muss und auch, dass die Handlung in einem Spielabend zu Ende sein muss. Und zwar über ganz harte Methoden. Aber dazu will ich hier noch nicht viel verraten, denn ich wil ldarüber noch bloggen 🙂
Teasern ist gemein, Jan. Deine “ganz harten Methoden” hätten mich jetzt brennend interessiert. 🙂
Weil Du es bist, die Kurzvariante: Jeder Spielabend ist ein Teleport mit einem nur begrenzt leistungsfähigen Ritual (entsprechend der normal fixen Anzahl Charaktere, nur eben immer ne andere Zusammenstellung). Das Ritual triggert nach 2h Realzeit (ingame: “Wir wissen nicht genau wann, aber Ihr merkt es kurz vorher.”) einen automatischen Rückteleport. Da bleibt 30 min Luft für das Spiel drumherum, weil unsere Sessions 2:30 lang sind. Evtl. sage ich auch immer 15 min vor Sessionende, mal gucken, was funktioniert. Und das war’s. Die jeweiligen Aufträge werden möglichst in sich geschlossen sein, eben episodisch.
Aber nicht weitersagen 🙂
Sehr interessant! Danke für’s doch-Verraten!
Kennenlernen: Kann ich wenig dazu sagen. Bisher habe ich immer in sehr freundschaftlich-familiären Konstellationen gespielt. Seit ich in Wien lebe, habe ich allerdings das kennengelernt, was man als “österreichische Rollenspielszene” bezeichnen könnte. Da kommt es eben doch des öfteren vor, dass Unbekannte miteinander am Tisch sitzen. In diesem Sinne bin ich ganz bei Ace, dass es unabdinglich ist, vorher mit den Leuten zu quatschen, die man sich in seine geheiligten vier Wände holt.
Gruppengröße: Ich kann schwer sagen mit wievielen Spielern ich am Liebsten spiele. Denn im Grunde ist es ja Sache der momentanen Präferenz. Bei drei Spielern kann ich ausgezeichnet auf die Spieler eingehen, sie interagieren stärker mit dem dargebotenen Szenario. Ab vier Spielern ist die Gruppendynamik wiederum wesentlich entscheidender. Bei mehr Spielern leidet zwar die Übersichtlichkeit, aber dafür verselbstständigt sich das Szenario oft rein durch die Kommunikation zwischen den zahlreichen Spielern. Drei bis vier Spieler stellen wohl mein Optimum dar. Bei beispielsweise 8 Spielern handelt es sich schon wieder mehr um ein klassisches Kosim, die Regulierungen und Regeln treten stärker in den Vordergrund.
Fluktuation: Da fährt der Zug drüber. Habe ich kein Problem mit, solange immer mindestens drei (notfalls auch zwei) Leute am Tisch sitzen. Ist jemand eine Runde nicht da ging er eben seinem eigenen Kram nach. Sowas kann ich mir mit meinem sehr offenen Settingdesign einfach erlauben und es störte bisher noch niemanden.
Warum ist es unabdingbar mit denen vorher zu quatschen?
Irgendwo bin ich dann doch zu einem gewissen Grad Privatmann und will wissen ob mein Gegenüber in die Gruppe passt. Ich vermeide dadurch gleich vorweg, dass sich jemand uneohl fühlen muss, wenn es nun garnicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Auf Cons oder öffentl. Plätzen ist es ein anderes Thema, aber ich würde dann doch auch gern wissen, wenn ich mir ins Haus hole.
Kennenlernen.
Sehr schwer zu beurteilen da ich fast alle meiner Spieler persönlich kenne. Wird sich aber mit den Testspielrunden bald ändern.
Gruppengröße.
Prinzipiell abhängig vom Spiel. Persönlich finde ich 3+1 am besten, da findet die meiste Interaktion unter den Spielern statt. 4+1 ist meine persönliche Grenze, was aber am Erzählspiel liegt. 5+1 nur mit Gastcharakteren. Alles darüber ist organisatorisch zu viel. Denn einer hat immer keine Zeit (ist das ein richtiger Satz?). 2+1 ist sehr zugeschnitten auf die Spieler und gibt sehr viel her, wird den Spielern aber auf dauer zu stereoton. 1+1 bringt sehr viel für die Charakterentwicklung. X+2 witzig, sollte man ausprobieren (beliebig viele Spieler und zwei Spielleiter). Leider gibt es manche Spiele die sehr unflexibel sind und sich nur mit einer bestimmten Anzahl an Spielern spielen lassen. D&D 4 funktioniert nicht 1+1 oder 2+1. Sehr schade.
Fluktuation.
Das größte Problem bei Rollenspielen. Gerade bei erzähllastigem Spielstil hängt alles an den Charakteren. Deswegen Spiele ich mit einer Kerngruppe, die aus Spielern besteht die echtes Interesse am Rollenspiel haben und es auch mit ihrem Leben vereinbaren können die nötige Zeit aufzubringen. Das sind meist zwei Charaktere, die die Geschichte vorantreiben. Zusätzlich können jederzeit Spieler mit Gastcharakteren mitspielen, die haben weniger Einbindung in die Geschichte haben aber gute Gründe mal nicht mitzuspielen. XP sind abhängig vom Regelwerk. Bekommen die Spieler verschiedene XP für verschiedene Aktionen oder pauschal? Spielt ein Charakter nicht mi würde ich ihm trotzten xp geben wenn er in einer laufenden Kampagne spielt, aber keine bei einem “Super-Adventure”.
Guter Punkt, Markus! Manche Spiele funktionieren in der Tat nicht bis oder ab einer gewissen Anzahl von Spielern.
Ich habe fast alle Spieler, mit denen ich regelmäßig spiele, auf Conventions oder bei Demorunden in Wien kennengelernt. Der große Vorteil dabei ist: Alle haben schon einmal mit mir gespielt, alle haben ein gutes Gefühl dafür, inwiefern wir an denselben Dingen im Spiel Spaß haben oder nicht. Je nach Kampagne, die ich vorhabe, frage ich dann Spielerinnen und Spieler an, ob sie Zeit und Lust haben. Und ich schaue, dass die Spielstile und Persönlichkeiten zusammenpassen. Letztlich spiele ich dann einfach mit Leuten, die verdammt viel Lust auf diese spezielle Kampagne habe, die ich leiten werde.
Die Gruppengröße passe ich an die Kampagne an. 4+1 geht aber fast immer.
Bei Abwesenheit gilt bei mir die Regel: Wir spielen, wenn einer fehlt und verschieben, wenn es mehr sind. Je nach Spielsituation lasse ich mir etwas einfallen für den abwesenden Charakter (wenn die Charaktere interessante Hintergründe haben, findet sich da immer etwas), oder ich lasse den Charakter einfach mitlaufen ohne große Aktivität. XP sind bei mir nicht so das Thema, weil ich meistens Cthulhu spiele und es da keine Levels gibt.
Ja gut, keine XP, aber deine Spieler sind doch auch heiß auf die Steigerung von “Cthulhu-Mythos” oder nicht? 😉
Nein, sie haben eine Scheißangst davor. 😀