Manche meinen, ein Old-School-Rollenspiel benötige kein Balancing. Es sei ganz okay, dass die Archetypen unterschiedlich mächtig seien, manche Zauber effektiver als andere usw. Insofern könnte ich es mir ja leicht machen, das Balancing nach der 80/20-Regel abhandeln und mich zurücklehnen.
Leider bin ich aber ein Idealist und mag es als Spieler selbst nicht, wenn mein Charakter offenkundig schlechter fährt als andere, nur weil ich nicht sofort den Blick dafür gehabt habe, welche Talente, Zauber oder Feats die effektivsten/effizientesten sind. Bei gleichartigen Etiketten und Kosten (seien es Astralpunkte, Destiny Punkte oder Slots) erwarte ich mir vom System auch, dass der Nutzen einigermaßen vergleichbar ist. Ich verwende daher selbst gerade viel Zeit darauf, die Talente von Destiny Dungeon gegeneinander abzuwägen. Es sind ja nur 100 und damit 550 Einzelvergleiche, die ich anstellen muss… Und während dessen kommen mir wieder so manche Gedanken:
- Balancing ist schwierig, wenn der Fokus eines Spiels breit ist. Destiny ist ein Spiel, das sowohl erzählerisches Rollenspiel als auch taktischen Kampf als auch soziales Rollenspiel unterstützt. Damit ist die Zielgruppe aber auch entsprechend breit, und das Balancing wird schwierig.
- Balancing ist eine Momentaufnahme. Meine Sichtweise auf Regeln ist heute anders als vor einem halben Jahr. Wenn man ständig spielt, liest und sich Gedanken über das Rollenspiel macht, ist es natürlich, dass sich auch die Sichtweise ändert. Und so kommt es, dass manche Regeln, die mir vor einem halben Jahr perfekt ausbalanciert vorkamen, heute wieder anpassungsbedürftig scheinen.
- Perfekt ausbalanciert ist gar nichts. Es ist ein hehres Ideal, das perfekt ausbalancierte System zu erfinden, aber es ist nicht erreichbar. Denn der Fokus jedes Spielers ist ein anderer. Jeder verwendet die ihm zur Verfügung stehenden Mittel anders. Manche Spieler können unglaublich gut mit Utility-Talenten umgehen, andere sind da wiederum völlig ideenlos, was sie damit anfangen sollen, und schleudern lieber Feuerlanzen. Ist auch okay so, aber es zeigt, dass jeder Versuch, die Dinge perfekt auszubalancieren, von vornherein scheitern muss.
Zahlt es sich also überhaupt aus, der Balance einen derart großen Stellenwert einzuräumen? Ich weiß es nicht, aber ich versuche es zumindest. Ich nehme mir die Laws-Spielertypen her, versuche mich in ihre Lage zu versetzen und jedes Talent aus ihrer Sichtweise zu betrachten. Letztendlich entscheidet natürlich mein eigener Maßstab, immerhin ist es ja auch meine Vision, die ich mit dem Spiel umsetze. So versuche ich also, so viele Menschen wie möglich glücklich zu machen und mich selbst dabei zufrieden zu stellen. Schwierige Aufgabe. Mal sehen, in welchem Ausmaß mir das gelingt.