DD#28 Ich seh’, ich seh’…

Heute möchte ich inhaltlich aus dem Nähkästchen plaudern und ein Beispiel dafür geben, wie das Definieren eines einzigen Zauberspruchs einen ganzen Abend verbraten kann und welche komplexen Überlegungen hinter einer einzigen kleinen Regel stehen können.

Vorgestern traf ich mich mit meinem Trauzeugen Roland, der zugleich “Chef-Analytiker” der Destiny-Talente war und mich schon vor so manch kapitalem Fehler bewahrt hat. So pendelten wir in der Wiener Innenstadt von Café zu Café, nur beim Thema kamen wir nicht von der Stelle: Der Seher in Destiny Dungeon.

Der Seher ist einer der problematischsten Archetypen, die es im Rollenspiel gibt. Was ihn eigentlich auszeichnen sollte, ist, dass er durch Zeit und Raum sehen kann, aber beides sind Dinge, die sich im Spiel schwer und in einem crunchigen Regelwerk wie Destiny noch schwerer abbilden lassen. Alle Talente, die mit Timing zu tun haben, sind extrem heikel (wer Magic The Gathering kennt, weiß, wieviele Fragen alleine das Thema Instant und Interrupt aufwirft), solche, die mit klassischer Hellsicht zu tun haben, haben enormes Spoiler-Potenzial.

Konkret ging es darum, dem Seher ein neues Grad 0-Talent angedeihen zu lassen, das ihm hilft, seine Rolle zu verkörpern, aber nur beschränkt mächtig ist. Man muss dazu sagen, dass in der momentanen Fassung von Destiny Dungeon die Archetypen-Talente ohne Probe, also jedenfalls gelingen und Grad 0-Talente zudem auch keine Destiny-Punkte kosten. Die Frage war also: Was kann man dem Seher quasi “frei Haus” geben, ohne die Spielbalance zu gefährden?

  • Gefahreninstinkt? Lieber nicht. Ein Seher in der Runde, und jeder SL kann sich seine Überraschungsangriffe, Fallen und plötzlichen Entwicklungen an den Hut stecken. Und das nicht hin und wieder, sondern ständig. Wir erwogen kurz, den Seher nur seine Nachteile vermeiden zu können, aber das ist wenig kooperativ und könnte dazu führen, dass die Gruppe ihn anstelle des Diebes vorschickt. Lieber nicht…
  • Gedankenband? Der Seher als gedankliche Schaltzentrale zwischen den Gefährten? Eine Legitimation dafür, dass Spieler sowieso immer ein Quäntchen Spielerwissen in ihr Rollenspiel einbringen, zumindest unbewusst? Dauernd, ständig, unter allen Bedingungen? Sehr passiv, auch nicht das Gelbe vom Ei.
  • Telepathische Verständigung? Auf den ersten Blick ziemlich cool: Seher mit Schweigegelübde, der hauptsächlich telepathisch kommuniziert – warum eigentlich nicht! Auf den zweiten Blick ziemlich uncool, denn dann kann ich als Seher die NSCs mit ständigem un-ort-barem telepathischem Geschwafel zwangsbeglücken, ablenken und mobben. Geht als Grad 0-Talent nicht durch.
  • Letztendlich sind wir bei etwas ganz anderem gelandet, das ich bereits in Araclia implementiert hatte und nun wieder ausgrub: Der Seher hinterlässt an einem Ort einen Teil seiner (optischen) Wahrnehmung, ich nenne es sein Drittes Auge. Er kann dadurch jederzeit an diesen Ort (zurück)blicken und auf dortige Ereignisse – gleichsam wie auf Bewegungen im Augenwinkel – aufmerksam werden. Die genauen Details sind noch zu spezifizieren, wie lange, wie deutlich etc., aber im Grunde glaube ich damit, einen ganz nützlichen Utility-Zauber für den Seher gefunden zu haben. Normalerweise werden solche Zauber ja selten verwendet, weil man nur ungern Punkte für etwas ausgibt, von dem man nicht weiß, ob es relevant wird. Da aber Grad 0-Talente keine Punkte kosten, sollte das hier kein Thema sein.
    Und indem ich Audio ausspare und den Seher nur hellsehen, nicht aber hellhören lasse, bringe ich den SL nicht in die Verlegenheit, dauernd ausgefeilte Dialoge zwischen seinen NSCs wiedergeben zu müssen. Er beschränkt sich dann einfach auf Gesten, Gesichtsausdruck, Gegenstände, die übergeben werden, und wenn es wirklich wichtig ist, kann man ja immer noch Würfe auf INT/GES (Lippen lesen, Körpersprache deuten) zugestehen.
    Was mir an dem Dritten Auge auch gut gefällt: Es eröffnet dem SL die Möglichkeit, auch Interaktion zwischen NSCs darzustellen, vielleicht eine Alltagssituation oder einfach nur eine lustige Szene zu beschreiben oder gezielt Hinweise auszugeben, die er sonst nicht untergebracht hätte.

Roland hatte am Ende unseres Brainstormings noch ziemliche Zweifel. Mal sehen, ob sie sich als berechtigt herausstellen. Das ist das Spannende am Designprozess: Bis zum Test weiß man nie, welche Regeln sich bewähren.

Da fällt mir ein: Ich seh’, ich seh’… die Auflösung zum Fehlersuchbild von DD#27: Völlig zurecht haben einige festgestellt, dass es nicht nur 1 Ungereimtheit gibt – naja, niemand ist perfekt. Was aber zumindest für mich am schwersten gewogen hat, war die Tatsache, dass der Gaukler mit dem Rücken im Netz steht und auch noch die Hände hoch hält. Es muss sehr seltsam anmuten, wenn ein Gaukler mit hoch erhobenen Händen rückwärts durch einen Dungeon spaziert. Aber hey, vielleicht wich er vor Armbrustschützen zurück, die ihn ins Innere drängten! Scherz. John hat mittlerweile zugegeben, dass er beim Skizzieren nicht Herr seiner Sinne war, die (etwas) verbesserte Fassung zeige ich hier in Kürze.

DD#26 Fortschritte

Destiny Dungeon ist weit komplexer geworden als ich es mir vorgestellt hatte. Nicht von den Regeln her, obwohl’s da noch einige Hürden zu nehmen gilt, aber vor allem was das Setting Istarea betrifft. Obwohl es eigentlich nur eine “Zugabe” werden sollte, quasi eine Spielwiese zum Ausprobieren der Regeln, gewinnt es immer mehr an Tiefe und Detail. Noble Zurückhaltung ist in diesem Punkt nicht mein Ding, denn Setting-Design ist einfach meine Leidenschaft, und in diese Welt habe ich mich mittlerweile ganz besonders verliebt.

Wie auch immer – Zeit, einen kleinen Zwischenstand zu ziehen:

REGELWERK (54 Seiten)
1S Titel FERTIG
1S Impressum FERTIG
1S Inhalt AUTOM.
2S Vorwort FERTIG
3S Erschaffung OFFEN
4S Aspekte und Attribute FERTIG
10S Archetypen FERTIG
5S Würfelwürfe und Proben OFFEN
2S Leben und Tod und Regeneration OFFEN
5S Kampf OFFEN
2S Waffen und Rüstungen OFFEN
10S Destinypunkte und Talente 1/2 FERTIG
2S Erfahrung OFFEN
6S Adventuring (Licht, Reise, Schadensarten, Ressourcen, Ausrüstung) OFFEN

SETTING (35 Seiten ohne Szenarien und Tabellen)
2S Geschichte FERTIG
4S Rassen FERTIG
4S Völker FERTIG
3S Gruppierungen FERTIG
3S Persönlichkeiten FERTIG
9S Siedlungen FERTIG
6S Besondere Orte OFFEN
4S “Metaplot” FERTIG

?S Szenarien + Plots OFFEN
?S Tabellen: Begegnungen, Ereignisse OFFEN

ANHANG (11 Seiten)
6S Kreaturen OFFEN
2S Beispielcharaktere OFFEN
2S Karte von Istarea 1/2 FERTIG
1S Index AUTOM.

ILLUSTRATIONEN
Farbillustrationen 3/8 FERTIG
Graustufenillustrationen 4/8 FERTIG
Cover Artwork OFFEN
Dungeon Maps OFFEN

Istarea ist also so gut wie fertig. Aktuell arbeite ich an den besonderen Locations (Elfenmoor, Ayasyel-Ruinen, Irril Labyrinth etc.), wobei ich noch nicht weiß, wieviel Detail ich da hinein packe. Obwohl ich gerne jeden dieser Orte mit Detailinfo á la Valmorca-Szenarien befüllen würde, schaffe ich unter Umständen bis September “nur” Beschreibungen mit Plotpoint-Granularität. Mal sehen. Ich muss auch aufpassen, dass das Büchlein nicht zu dick wird, sonst muss ich mit dem Preis hochgehen oder Teile als downloadbares “Bonusmaterial” auslagern – beides möchte ich nach Möglichkeit vermeiden.

DD#25 Meet Haugie

Bei den Aufräumarbeiten nach dem Destiny Dungeon Workshop fiel mir ein Zettel in die Hand, auf dem einer der Teilnehmer (Nerzenjäger) seinen Character, einen Uktaurer-Barbaren namens Haugror, verewigt hat. Looky here:

Ich weiß nicht, wie’s euch geht, wenn ihr das seht, aber ich würde sonstwas dafür geben, so zeichnen zu können. Und ich überlege ernsthaft, Nerzenjäger als Illustrator für meine nächsten Projekte zu buchen.

Noch dazu, da mir mein Haus-und-Hof-Illustrator wieder einmal vorwirft, meine Vorgaben seien zu groß gedacht, zu detailliert für den Tarif von Innenillustrationen, die Revidierungen würden zu viel Zeit kosten und so weiter. Wenn ich mir da anschaue, in welch kurzer Zeit Nerzenjäger seinen Haugie zu Papier gebracht hat…

Aber es ist wie es ist. Also beschwichtige ich nach allen Regeln der Kunst und versuche, das Maximum für Destiny Dungeon herauszuholen. Und ich lerne, dass man als Rollenspiel-Designer – wie in vielen anderen Berufen auch – duldsam und psychologisch sein muss.

DD#24 Bericht vom 1. Destiny-Dungeon-Workshop

Letzter Freitag war ein Mega-Meilenstein: Der erste Destiny-Dungeon-Workshop fand statt! Teilnehmer waren vier Rollenspieler, die möglichst wenig gemeinsam haben sollten: ein Cthulhu-Guru, eine D&D-Spielerin, ein Old-School-Jünger sowie ein bereits mit Destiny gut vertrauter alter Freund. Auf dem Plan standen 17.00 Beginn mit Mango und Melone, Regeln erklären, Character erschaffen, Abenteuer spielen und Nachbesprechung mit Cocktails. Sehr erfreulich: Ich konnte mein selbst auferlegtes Destiny-Zeitlimit – Erklärung der Regeln und Erschaffung binnen 1 Stunde – tatsächlich halten, sodass genug Zeit für das Abenteuer blieb:

Um 18.00 startet wir im wiedereröffneten Wirtshaus zum leuchtenden Würfel, dessen Hintergrundgeschichte man erst hören wollte, als ein rachsüchtiger, halb verdauter Magier auftauchte, einen Naraskius anrief und, nachdem dieser sich nicht meldete, das Wirtshaus mitsamt allen Anwesenden in den Sumpf teleportierte. Es folgten Gespräche mit Wirtin und Gästen und Durchsuchen der Gaststätte, dann brachen plötzlich Schatzsucher-Zwerge durch, aber den Vortritt in den geheimen Keller des Naraskius überließen sie dann doch den SCs. Da waren Fallen und Rätsel aller Art und Meister Naraskius selbst – bzw. sein Geist. Nachdem die SCs ihn losgeworden waren, fanden sie seinen Schatz und sein Tagebuch und die Hintergründe über die Fehde mit dem halbverdauten Einen. Da sich das Wirtshaus aber immer noch im Sumpf befand und kein Weg daraus ersichtlich war – zwei Tage waren die SCs unterwegs, wobei sie zumindest eine Ogerhöhle und ein Dorf nicht allzu offenherziger Elfen entdeckten – musste es noch ein anderes Problem geben: Ah! Man überredete/überwältigte die Wirtin dazu, ihr neu eröffnetes Wirtshaus wieder zu schließen. Das half! Der verdaute Eine tauchte tatsächlich auf, doch die Wirtin lief plötzlich Amok – und unglücklicherweise in ein Wasserloch. Und schon war der Eine hochzufrieden: Das Gasthaus seines Feindes war geschlossen, dessen Ur-ur-ur-Enkelin tot. Großmütig teleportierte er Wirtshaus plus Gäste wieder zurück.

Dafür, dass sich von den vier Spielern nur zwei kannten, lief das Rollenspiel sehr reibungslos, und ich glaube nicht, dass man spürte, dass es ein Alpha-Test war. Als SL hat’s jedenfalls viel Spaß gemacht. Die Nachbesprechung war extrem erhellend, alle Beteiligten konnten mir – teilweise dank schriftlicher Aufzeichnungen während der Session – präzise vermitteln, was für sie besonders gut funktionierte und was nicht.

  • Mir besonders wichtig war das Grundfeedback, dass die Destiny-Engine absolut perfekt läuft und ausreichend Old-School-Spielgefühl heraufbeschwört. Das ist schonmal wichtig, denn sonst hätte ich das ganze Projekt hinterfragen müssen.
  • Positives Feedback gab es auch zu meinen Archetypen-Beschreibungen, die inhaltlich interessant, fantasievoll und “tongue-in-cheek”-ig erachtet wurden. Conclusio: Inhalt kann mal bleiben, Text muss natürlich noch sprachlich überarbeitet werden.
  • Leider spiegelten sich die Archetypen im Spiel nicht ausreichend wider. Es wurde bemängelt, dass alle Archetypen gleich viele KON und Destiny-Punkte hätten und sich in diesem Punkt zu wenig unterschieden. Conclusio: Alle Archetypen bekommen eigene Startwerte bei KON und Destiny-Punkten. Letztere sind nicht mehr an die Stufe zu binden.
  • Auch wurde negativ befunden, dass der Attribut-Range bei der Erschaffung zu gering sei und alle irgendwie recht “durchschnittlich” seien. Meine Vermutung, dass die nackten Wahrscheinlichkeiten ohnehin von niemandem als Differenzierungsmerkmal betrachtet würden, war somit schlicht falsch. Conclusio: Wertebereich nach oben und unten erweitern.
  • Psychodynamisch interessant und positiv bewertet wurde das Festlegen der Attribute bei der Erschaffung mittels Würfelwurf. Ich hatte befürchtet, dass dieses Zufallselement nicht so gut ankommen würde, aber Einflussnahme und Unberechenbarkeit dürften einander dabei gut die Waage gehalten haben.
  • Kurios: Die Freiräume, die ich bei der Erschaffung einräumte, damit man auch aus den Archetypen ausbrechen könne, wollten die Spieler gar nicht. Vielmehr rieten sie mir, meine Vorstellungen von den Archetypen einfach festzulegen und alles drumherum verpflichtend zu bauen. Conclusio: Mehr Mut zum Archetyp, spezifische Talente nicht optional, sondern verbindlich machen.
  • Zu Abenteuer und Welt erhielt ich das – für mich besonders erhebende – Feedback, dass man bereits anhand vieler Kleinigkeiten spüre, dass Istarea als eine schlüssige, lebendige Welt im Hintergrund existiert, die sich auch ohne Zutun der Spieler entwickelt. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass die Limis-süchtigen Elfen und gewaltlosen Zwerge gut angekommen sind und nicht ins ausgelutschte Klischee kippten. Da bin ich offenbar auf dem richtigen Weg.

Insgesamt also noch vieles zu tun! Ob ich den September wirklich schaffe? Keine Ahnung. Eines ist aber sicher: Es wird noch einen zweiten Workshop, vermutlich im August, geben, in dem sich die adaptierten Erschaffungsregeln beweisen werden müssen und Steigerungs- und Ressourcensystem im Fokus stehen werden.

DD#23 Neue Illustrationen

Das ist echte Partizipation, liebe Freunde: Hier sind zwei Illustrationen, die von Kommentatoren dieses Blogs angeregt wurden und die ich prompt umsetzen ließ. Vielen Dank, Christoph, vielen Dank, TheOneKane!

Weitere Ideen für Illustrationen werden gerne entgegen genommen. Für den Regelteil brauche ich noch generische Bilder, d.h. auch Ideen ohne Kontext zu Istarea sind herzlich willkommen!

DD#22 NSCs in Istarea

Pfingsten hat sich ohne Frage positiv auf meine Schaffenskraft ausgewirkt. Ich habe einige Anregungen aus den Kommentaren in meine Materialien eingearbeitet, vor allem aber  habe ich Istarea um einige NSCs erweitert, die bisher nur Namen waren:

König Maras ist nun im hohen Alter zu einem philosophischen, introspektiven Regenten geworden, der sein Lebenswerk kritisch hinterfragt und von vielen als zu nachgiebig gesehen wird. Seine Frau, Königin Averna, hat da schon mehr Power und engagiert sich intensiv in der Weißen Kirche, um das Königreich mit den Mitteln einer Frau zu gestalten. Der gemeinsame Sohn Mylius ist ein Träumer, ein Ritter Romantique, den es in die Ferne zieht, der aber von seiner Mutter nicht losgelassen wird und immer wieder von ihr gegen seinen Bruder Marcor aufgehetzt wird. Marcor, der dunkel-charismatische Thronfolger, dessen biologische Vaterschaft nie geklärt wurde, ist hingegen ein harter Taktiker und ein furchterregender Bogenschütze, dessen schwarze Pfeile im ganzen Land legendär sind. Er trägt das Mal des Hôr und opfert vor jeder Schlacht Blut, um siegreich zu bleiben – was aber niemand weiß, denn sonst wäre es wohl aus mit der Thronfolge. Und dann ist da natürlich Mavith, König Maras’ stolzer, hochmütiger Bruder und Todfeind, der dank elfischer Magie schon seit Jahren nicht mehr altert und eifrig konspiriert. Mavith war der Schlaue von den beiden Brüdern. Das Königreich Istarea, wie es jetzt existiert, war eigentlich sein Traum. Er wird alles tun, um ihn sich zurückzuholen oder notfalls zu zerstören.

Soweit die erste Riege der NSCs. Die zweite bilden die Grafen und Stellvertreter der Völker/Rassen. Da gibt es bereits einige, z.B. die korrupte, fette Gräfin von Usthir, die in ihre eigene Tasche wirtschaftet, oder den schwachen Grafen von Equiun, der aus Angst vor einem Konflikt mit den Vampiren koaliert. Mein Liebling: Graf Terus Schlangenblender, der die Riesenschlange unter Lovorn mit dem Schwert in der Hand konfrontierte und dabei sein Bein verlor, allerdings nicht, ohne der Schlange sein Schwert ins Auge zu rammen, wo es heute noch steckt. Dann wird es noch die Gräfin von Iphanir geben, die an ihres Mannes Statt über die Kornkammer regiert, seit dieser bei einer Expedition ins Elfenmoor verschwand. Die Ärmste erhält allerdings vom König den Titel nicht, da sich die Grafenwürde nicht/nicht auf Ehegatten vererbt.

Zumindest in meiner Vorstellung ist Istarea bereits ein sehr lebendiges Setting geworden. Jetzt sind raffiniert ausgearbeitete NSCs zwar nicht unbedingt die conditio sine qua non für ein gutes Sandbox-Setting, aber ich denke, es hilft, wenn man als SL eine Anzahl an Personen zur Verfügung hat, die das Geschehen vorantreiben, wenn die SCs das gerade nicht tun, oder ihnen in die Hände spielen oder aber gegen sie agieren.

Worauf man, glaube ich, aufpassen muss, ist, dass die NSCs nicht interessanter werden als die SCs und sich zwischen ihnen ein “inzestuöses Drama” bildet. Wenn sich plötzlich alles seifenopern-artig um die Königsfamilie dreht, kann es leicht geschehen, dass man als Spieler zum Statisten wird, und das wäre natürlich nicht im Sinne des old-school/Sandbox/World-in-Motion-Gedankens. So gesehen möchte ich zum Thema NSCs in Istarea gar nicht viel mehr als das eben Skizzierte einbringen, um den SL nicht in Versuchung zu führen, sein eigenes Drama zu spinnen. Das sollte nachwievor von den SCs ausgehen.

DD#21 Städte braucht das Land

Mittlerweile geht es, was die Details des Settings angeht, ans Eingemachte. Ich habe mir bereits umfangreiche Gedanken zu den Städten gemacht. Jede soll einen eigenen Charakter haben, und es soll unterschiedliche Gründe geben, warum man als SC hierhin und nicht dorthin zieht. Letzteres ist noch ein offener Punkt, aber die grundlegenden Charakterisierungen der (Klein-)Städte sind fertig. Ich eröffne wieder mit einem Beispiel:

Aeliun ist die größte und älteste Stadt des Königreichs. Sie war die erste Befestigung der Siedler und liegt vergleichsweise unzugänglich auf einer großen und mehreren kleinen Felsinseln, die mehrere Meter hoch aus dem sumpfigen Delta der Unagke herausragen und durch steinerne Brücken mit einander verbunden sind. Der größte Bezirk Aeliuns, auch der Alte Distrikt genannt, beherbergt die Halle des Mondrith, ein ehrwürdiges Gemäuer, das anlässlich der Stadtgründung errichtet wurde und in dem heute die Stadtverwaltung ansässig ist, weiters den Königspalast, den Kerkerturm und den Hochtempel der Pakya.
Die Herrschaft über Aeliun liegt bei Prinz Mylius, der allerdings viel lieber mit seinem Bruder tauschen und die königlichen Reiter im Herzen des Tales kommandieren würde. Dementsprechend halbherzig ist sein Engagement als Stadtherr, und so kommt es, dass sich in Aeliun, direkt unter den Augen des Königs, allerhand Gesindel tummelt und die Diebesgilde der Silberschlangen wirkt und gedeiht. Angeblich besitzt sie bereits ein Zehntel aller Gebäude, vornehmlich solche mit unterirdischen Gängen und Kellern aus der Blütezeit der Schwarzen Hydra.
Die weitläufigen Sümpfe um Aeliun sind tückisch und gefährlich: Schwarze Irrlichter schwirren hier umher und quälen den nahen Elfenstamm der Alethiên. Manchmal, wenn die Alethiên die Oberhand gewinnen, kommen die Schwarzen Irrlichter in die Stadt, und einige Einwohner erwachen nicht mehr aus ihrem Schlaf – der Zorn des Hôr, so die Geweihten der Pakya, die darin nur einen weiteren Grund sehen, dass sich die Bevölkerung allein ihnen zuwenden sollte.

Demgegenüber wird Usthir die Stadt der Handwerker werden, gelegen auf einer Anhöhe, die nur über eine Felsbrücke zu erreichen ist. Unter der Klippenstadt Lovorn wird es ein Tunnelsystem geben, in dem eine Riesenschlange haust, der man in alten Zeiten Opfer darbrachte (die heute noch als Schätze herum liegen). Irrilnir wurde ursprünglich von den Zyklopen erbaut, weshalb alles sehr flach, groß und geräumig ist. Die Nähe zum Lavatempel sorgt für exzessive Verwendung von Glas in der Architektur der Stadt. Iphanir wird in drei Etagen existieren, unten die verlassenen Ruinen, oben die befestigte Stadt und noch weiter oben die magischen Terrassenfelder, die die Stadt zur Kornkammer des Tals machen. Garavorn wird auf einem Plateau liegen, neben dem ein Wasserfall in die Tiefe rauscht. Die Flusshöhlen oberhalb werden von Salamanderlingen bewohnt sein. Und die ehemalige Friedhofsstadt Equiun nahe den Ewigtoten Türmen wird den Flair einer Stadt im Wald haben, allerdings von Vampiren heimgesucht werden, die sich allabendlich Opfer suchen, diese halbleer saugen, einen Vergessenszauber hinterlassen und wieder abziehen. Der Stadtfürst weiß das, ist aber schwach und hat einen Pakt mit der Vampirfürstin geschlossen. Die Zwergenstädte Hagulsheim und Grorulsklamm fehlen mir leider noch; Zwerge sind nicht unbedingt meine Spezialität…

Alle Städte, so der Plan, sollen 1-2 eigene Tabellen erhalten mit Zufallsbegegnungen und -ereignissen sowie einen Statblock, in dem z.B. Preise und Verfügbarkeit modifiziert werden. Usthir wird z.B. sehr teuer sein, dafür wird man dort besonders gute Waren erstehen können. Letztendlich wird jede Siedlung 1 Seite einnehmen; lokale Szenarien werden ausgelagert in den Szenarienteil, auf den dann nur verwiesen wird.

DD#20 Der SC als Lastengaul

Einer der wichtigeren Punkte bei Destiny Dungeon scheint mir das Thema Ressourcen-Management zu sein. Ich habe daher mich daher mal gedanklich dem Thema Tragkraft und Gewicht gewidmet, wannimmer ich dieses Wochenende am Balkon weilen und ins Grüne blicken konnte. Herausgekommen ist dabei, dass ich dem Thema ambivalent gegenüber stehe. Auf der einen Seite ist für mich das Thema Tragkraft ein ganz typisches old-school-Merkmal, auf das ich nicht einfach verzichten möchte, auf der anderen Seite weiß ich – nicht zuletzt aus unserem Retro-DSA-OneShot – dass das Zusammenfitzeln von Unzen heute vermutlich niemanden mehr hinter dem Ofen hervor lockt.

Ich spiele daher mit dem Gedanken, das Thema Tragkraft und Belastung in Destiny Dungeon nicht über Unzen, Kilogramm oder sonstige Gewichtseinheiten zu spielen, sondern über, nennen wir sie mal: “Gewichtspunkte“. Die sollen im Prinzip nichts anderes sein als ein von mir noch näher zu definierendes Maß, welches Gewicht und vielleicht auch Sperrigkeit inkludiert, und was auch immer ein SC im Abenteuer kauft oder an sich nimmt, hat entweder keinen, einen oder mehrere von diesen Punkten. Das könnte z.B. so aussehen (Punkte sind noch Hausnummern):

  • Kettenhemd: O O O O
  • Zweihänder: O O
  • Schild: O
  • 100 Gold: O
  • Zauberbuch: O
  • etc.

Ich denke, diese Gewichtspunkte lassen sich auf dem Character-Sheet und in der Preisliste recht einfach darstellen und verfolgen. Das ganze Kleinzeug hätte natürlich keinen Punkt, und ja, wenn jemand dutzendweise Schaufeln und Alkoholfläschchen mit sich führt, bleibt das trotzdem unberücksichtigt. Ist halt so. (Als Hintertür könnte man immer noch auf dem Character-Sheet eine Summenposition einführen, die vom SL mit Gewichtspunkten aufgefüllt werden kann, sollte ein SC sich wie der Böse mit Kleinzeugs beladen. Aber nötig ist das vermutlich nicht.)

Jetzt kommen wir zur Tragkraft. Auch hier bin ich für ein verschlanktes System. Ich würde meinen, jeder SC kann Gewichtspunkte in Abhängigkeit seines Stärke/Natur-Wertes mit sich führen. Da ich den Spielern nicht zumuten möchte, aus dem heximalen System des W66 einen dezimalen Wert herauszurechnen, soll jeder SC einfach [Zehnerstelle seines Attributs mal 2] Gewichtspunkte tragen können, also:

  • 31-36: 6 Gewichtspunkte
  • 41-46: 8 Gewichtspunkte
  • 51-56: 10 Gewichtspunkte
  • 61-66: 12 Gewichtspunkte

Wie gehen wir nun damit um, wenn sich ein SC überlastet hat? Folgende Varianten gibt es:

  1. Der SC erhält irgend eine Art von Erschöpfung: Erschöpfung ist in Destiny Dungeon noch nicht vorgesehen, aber selbst wenn, wäre mir das als Konsequenz nicht wirklich recht, weil es erst zeitverzögert spürbar wird.
  2. Der SC kann einfach nicht mehr tragen: Eine sehr konkrete Auswirkung für ein eher abstraktes System – das kann nicht funktionieren. Ich sehe die Spieler schon argumentieren und ihre verwundeten Gefährten im Dungeon zurücklassen, weil sie mit ihnen überlastet wären. Nicht gut.
  3. Der SC erhält ein Handicap: Das ist aus meiner Sicht die zu präferierende Variante, etwas, das der Spieler gleich spürt und daher vermeiden wird, das ihn aber weder gleich umbringt, noch ihm seine Handlungsfähigkeit per se raubt. Auf die Destiny-Mechanik gemünzt, bleiben drei Unteroptionen:
    1. Pessimistisches Würfeln: hätte den Vorteil, dass erfahrene SCs die Behinderung leichter wegstecken als unerfahrene. Nachteil: Die Würfelart gibt es nicht graduell, sondern nur entweder eben als pessimistisch oder als normal. Man kann also nicht abstufen, je nachdem, wieviele Gewichtspunkte der SC “drüber” ist.
    2. Malus auf die Proben: hätte den Vorteil, gleich zu laufen wie der Geschick-Malus bei Rüstungen, allerdings ist das auch gleichzeitig wieder ein Nachteil, weil die Rüstung in derselben Dimension natürlich nicht doppelt zählen darf. Außerdem ist schon ein Malus von -1 relativ einschneidend (ca. 18% Erschwernis).
    3. Behinderungspunkte (BEP). Destiny bietet mit den BEPs bereits eine gute Regel für temporäre Behinderungen/Immobilisierungen, und ich habe in der Vergangenheit immer wieder auch Dauer-BEPs verwendet, um langfristige Behinderungen/Erschöpfungen abzubilden. Zur Erklärung: BEPs verringern die Erfolgswerte der Proben, d.h. die Proben selbst gelingen mit der gleichen Wahrscheinlichkeit, aber wenn sie gelingen, gelingen sie eben nicht ganz so gut wie ohne BEPs. Im Extremfall kann es auch passieren, dass eine gelungene Probe, wenn der Erfolgswert sehr niedrig ausfällt oder schon viele BEPs angefallen sind, trotz Gelingens scheitert. Die BEPs “ersticken” dann quasi den Erfolg. Das ist genau das spieltechnische Feeling, das ich mit Überlastung durch Gewicht erzeugen möchte. Das wird’s wohl werden.

Das ist also der Stand in puncto Tragkraft und Behinderung durch Überlastung: Jeder SC kann so viele Gewichtspunkte mit sich führen, wie seinem STR/NAT-Wert entspricht; jeder weitere Gewichtspunkt ist für ihn ein Dauer-BEP, der den Erfolg seiner Proben mindert, im Extremfall sogar “erstickt”. Einfach und old-schoolig genug?

DD#19 Zwischenstand und Illu-Brainstorming

Zeit, ein Resummé zu ziehen über das, was ich schon habe, und all die (vielen) Dinge, die für Destiny Dungeon noch zu tun sind. Ich mache das mit einem virtuellen Inhaltsverzeichnis. Die Seitenangaben sind nur geschätzt, weil a) die Texte noch nicht fertig sind und b) nichts davon gelayoutet ist. Aber als Schätzung sollte es genügen. (“Fertig” bezeichnet im folgenden übrigens vollständige Textierungen in Entwurfsqualität, “schreiben” heißt, dass der Inhalt konzeptionell feststeht, aber die Formulierungen noch fehlen.)

REGELWERK (49 Seiten)
1S Titel fertig
1S Impressum fertig
1S Inhalt automatisch
2S Vorwort fertig
3S Erschaffung fertig
4S Aspekte und Attribute schreiben
5S Archetypen schreiben, Volksboni überdenken
5S Würfelwürfe und Proben schreiben
2S Leben und Tod schreiben, Regeneration durchdenken
5S Kampf 50% offen
2S Waffen und Rüstungen offen, magische/meisterhafte Waffen/Rüstungen durchdenken
10S Destinypunkte und Talente schreiben, Regeneration durchdenken
2S Erfahrung Zusammenhang Gold + Questpunkte durchdenken
6S Adventuring (Licht, Reise, Schadensarten, Ressourcen, Ausrüstung) offen, insb. Ressourcenmanagement

SETTING (35 Seiten ohne Szenarien und Tabellen)
2S Geschichte fertig
4S Rassen inhaltlich fertig, Aufbereitung offen, kleinere Anpassungen bei Zwergen
4S Völker fertig
3S Gruppierungen fertig
3S Persönlichkeiten 40% fertig
9S Siedlungen 33% fertig
6S Besondere Orte Umsetzung fraglich
4S “Metaplot” 50% inhaltlich fertig

?S Szenarien + Plots offen
?S Tabellen: Begegnungen, Ereignisse offen

ANHANG (5 Seiten)
2S Beispielcharaktere offen
2S Karte von Istarea inhaltlich so gut wie fertig
1S Index automatisch

ILLUSTRATIONEN
Farbillustrationen 2/8 fertig
Graustufenillustrationen 0/8 fertig
Cover Artwork offen
Dungeon Maps offen

Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Wenn ihr, liebe Leser meines Design Diarys, mir ein bisschen unter die Arme greifen wollt: Ich bräuchte Ideen für Illustrationen. John urgiert bei mir bereits seit Tagen neue Beschreibungen, aber ich komm’ einfach nicht dazu, mir etwas auszudenken. Etwa die Hälfte der Bilderchen sollen generisch werden und den Regelwerk-Part verschönern, die anderen eher Istarea-spezifisch. Falls ihr visuell begabt seid und schöne Motive vor Augen habt, die ihr gerne in Destiny Dungeon verwirklicht sehen würdet, würde ich mich freuen, eure Vorstellungen bezüglich Illustrationen zu lesen und, wenn sie ins Gesamtbild passen, an John weiterzuleiten. Rückmeldungen gerne per e-mail oder hier als Kommentar.