Soft Skills aus Designer-Perspektive

Eine der letzten Feinschliffe, die mich noch von der Veröffentlichung von PORTAL trennen, sind die Rassen-“Feats” der generischen Rassen (Elf, Zwerg, Gnom, Ork und Minotaur). Dabei begegnet mir ein Phänomen wieder, das ich immer schon interessant fand: Wie schwer es doch ist, Fähigkeiten zu definieren, die sich nicht in Punkten messen lassen.

Mein wertgeschätzter Advisor und Analytiker, nennen wir ihn hier aus Gründen der Anonymität Thalvin, mag diese Art von “Soft Skills” gar nicht so gerne, eben weil es schwer ist, sie einzuschätzen und auszubalancieren. Fähigkeiten wie “Du bekommst deine Stufe als Schadensbonus im Fernkampf” sind da geradezu einfach zu messen, gut zu vergleichen und geben keinen Anlass zu Diskrepanzen. Aber jetzt brüten Thalvin und ich schon seit geraumer Zeit über dem Gnom, der in meinen Spielen ein Meister des Verhandelns, Durchschauens und Netzwerk-Bildens sein soll, und jedesmal, wenn ich mit einem Entwurf komme, sagt Thalvin: “Damit kann ich nichts anfangen”. Ob der Ansatz nun lautet: “Dich verbindet mit [Stufe] NSCs eine gemeinsame Vorgeschichte, die du zu deinem Vorteil nutzen kannst” oder “Du durchschaust die Bedürfnisse eines NSCs, wobei deine Stufe als Gradmesser für die Exaktheit deiner Ahnung gilt”, Thalvin ist nie wirklich begeistert.

Und der Grund liegt auf der Hand: Wer für Player Empowerment eintritt, mag keine Fähigkeiten, deren Ausgestaltung vom SL abhängt. Umgekehrt, wer an den Spielleiter denkt, möchte diesem auch nicht unnötig Aufwand aufbürden. Das obige Beispiel mit der gemeinsamen Vorgeschichte etwa liest sich oberflächlich betrachtet ganz nett, aber man muss auch daran denken, dass es bedeutet, dass die Spieler weiterfragen und wissen wollen, was das für eine Vorgeschichte ist und wie sich die Pfade des SC und des NSC gekreuzt haben. Mit der Konsequenz, dass der Spielleiter plötzlich den Hintergrund eines Händlers improvisieren muss, der eigentlich nur Statist sein sollte.

Wie man es also dreht und wendet: “Soft Skills” sind deutlich problematischer als “hard-and-fast-rules”. Aber auch lohnender, weil – wenn sie gut gemacht sind – das Rollenspiel ungleich inspirierter definieren als es eine Fähigkeit á la “x Bonus-Punkte im Fernkampf” jemals könnte.

Neues Rollenspiel, neuer Illustrator

Es ist schon seltsam. Da werkle ich jahrelang an Destiny und Araclia herum und bin nur durchschnittlich zufrieden mit den Illustrationen meines Künstlers, und kaum entschließe ich mich, ein neues Spiel – eben PORTAL – herauszubringen, schreibt mich via Twitter ein brasilianischer Künstler an.

Eigentlich wollte ich ja Illustrationen von John re-usen, die er für mich schon vor Jahren für Destiny und Araclia angefertigt hat; immerhin ist PORTAL ja kein kommerzielles Projekt, da kann ich auch nicht hoffen, dass die Verkäufe mir die Aufwendungen wieder reinspielen.

Aber dann denke ich mir, gib’ dem brasilianischen Jungen mal eine Chance – in Wahrheit ist er vermutlich brasilianischer Millionär und 53 Jahre alt 🙂 – und lasse ihn für PORTAL pitchen.

Das Ergebnis hat mich persönlich umgehauen. Hier ein kleiner Vorgeschmack. Das Layout des Covers braucht noch ein paar Modifikationen (insb. bei den Fonts), aber als Teaser taugt es schon mal.

Ganz besonders stimmungsvoll finde ich die Interiors. Dieser gepinselte, etwas verwaschene Stil bringt ein ganz eigenes Flair mit sich. Hätte gute Lust, meine alten Illustrationen umpinseln zu lassen, wenn’s denn nicht so teuer wäre…

ach ja, Addendum in eigener Sache: Wer mir bisher auf Twitter gefolgt ist, sollte nun vom rein deutschen @RPGaceofdice auf den englisch-deutschen (und etwas persönlicheren) @aceofdiceRPG -Stream wechseln. Der alte Kanal wird nämlich demnächst eingestellt.

Die Matrix-Problematik

Mittlerweile nehme ich an, dass alle, die diesen Blog verfolgen, wissen, wie Destiny aufgebaut ist und daher auch die Attributematrix kennen, die den Kern des Charakterprofils ausmacht. Diese Matrix aus allgemeinen Aspekten (Charisma, Geschick, Stärke, Intelligenz) und speziellen Aspekten (Natur, Gesellschaft, Kampf, Magie) hat viele Vorteile, aber die Zeilen und Spalten richtig zu definieren ist eine schwierige Sache, wenn man folgendes erreichen will:

  • Jede Kombination aus Zeile und Spalte muss Sinn machen. Kombinationen wie Charisma/Computer machen keinen Sinn (es sei denn, man geht davon aus, dass Computer im Setting weit genug entwickelt sind, um beleidigt sein zu können).
  • Jede Kombination aus Zeile und Spalte muss im Spiel etwa gleich gewichtet sein. Das war z.B. (wie schon Greifenklaue in seiner ersten Analyse messerscharf erkannt hatte) in Destiny Beginner bei der Spalte Magie nicht der Fall. Dort konnte ich das allerdings dahin gehend ausgleichen, als die Große Gabe dafür umso größeren Anwendungsbereich hatte. In Destiny Space wäre es schön, wenn eine solche Korrektur von vornherein nicht notwendig wäre.
  • Hohe Schule: Die Kombinationen aus Zeile und Spalte sind so beschaffen, dass man den Anwendungsbereich ohne große Erklärung einschätzen kann. Das ist kein k.o.-Kriterium, denn wozu gibt es ein Regelwerk, aber wenn die Matrix selbstsprechend ist, wäre das schon ein großes Plus, v.a. für Einsteiger.

Für Destiny Space habe ich bereits einige Varianten durchgespielt. Mein Ausgangspunkt war die Original-Destiny-Matrix (wie oben beschrieben), aber sie funktioniert nicht, weil ihr eben andere Archetypen zu Grunde liegen. Ich habe daher den umgekehrten Weg gewählt und mir alle Archetypen zusammengeschrieben, die in einem SF-Setting potenziell vorkommen könnten (Schmuggler, Medium, Pilot, Bordtechniker, Roboter…) und versucht, diese durch Vergleich von Gemeinsamkeiten und Unterscheidungsmerkmalen zu gruppieren. Auf Basis dieser Gruppierung habe ich versucht, Aspekte zu finden, die genau diese Merkmale abdecken UND (was schon weitaus schwieriger war) sich in einer Matrix gegenüberstellen lassen. Vorläufiges Ergebnis:

Archaik Technik Sternenraum
Seele Charisma intuitives Artefakte-Handling Spiritualität
Geschick Athletik und Nahkampf Finesse und Fernkampf Sichtnavigation und Geschützkampf
Intellekt Kultur und Natur Computer und Maschinen Astrogation und Weltraumkunde

 

Von Aspekten und Archetypen im Weltall…

Destiny (und auch Destiny Beginner) sind ja archetypen-lose Spiele, d.h. was auch immer der Charakter kann, bestimmt sich im Wesentlichen aus seinem Aspekteprofil. Bei Destiny treten noch die Talente als charakterdefinierendes Element hinzu, bei Destiny Beginner tritt an ihre Stelle die Wahl des primären Aspekts, der den Anwendungsbereich der Großen Gabe absteckt, also aller besonderen Fähigkeiten, die der SC potenziell jemals einsetzen kann.

Wem es noch nicht klar war: Natürlich liegen auch Destiny (Beginner) Archetypen zu Grunde. Insofern ist das Etikett “archetypen-los” nicht ganz zutreffend. Die klassischen Archetypen des Fantasy-Genres (Krieger, Magier, Waldläufer…) sind quasi ins Design eingebaut. Wer einen Krieger spielen will, nimmt “Kampf” als primären Aspekt, wer einen Dieb spielen will “Geschick”, Magier “Magie”, Waldläufer “Natur”, Händler und Barden “Gesellschaft” usw.

Was hat das nun mit Destiny Space zu tun? Vordergründig gar nichts. Ich habe auch schon Vorschläge gehört wie “Nimm doch einfach Destiny Beginner und spiel’ damit Sci-Fi”. Mit Verlaub, das wäre kein gutes Spiel, denn dem Genre Science Fiction liegen ganz andere Archetypen zugrunde als dem Genre Fantasy. Hier gibt es Bordmechaniker, Raumpiloten, Navigationsexperten, Wissenschafter, Politiker, Händler, Schmuggler, Kopfgeldjäger, ev. sogar Cyborgs, Androiden oder Psioniker. Im Umkehrschluss heißt das, dass ich für Destiny Space nicht nur so manche Regel aufblasen muss, sondern auch an den Grundfesten des Systems, nämlich am Aspekteprofil, drehen muss, um diese Genre-typischen Archetypen abbilden zu können.

Dazu kommt auch noch eine andere Gewichtung. Während die (arche)typische Trennung zwischen Geschick-Kämpfer (Dieb, Bandit, Waldläufer, Musketier) und Stärke-Kämpfer (Krieger, Ritter, Barbar) im Fantasy-Genre als Unterscheidungsmerkmal dienen kann, behaupte ich mal, dass in der Sci-Fi andere Unterscheidungen weitaus wichtiger sind, z.B. die Fähigkeit, ein Schiff zu navigieren oder mit Blasterwaffen umzugehen. Auch die Trennlinie von Wissensdisziplinen verläuft in der Science Fiction anders, ist hier doch z.B. die Kenntnis von Technologien sehr relevant, dafür aber die Frage, ob ein Charakter lesen kann, vernachlässigbar.

Fazit: Für Destiny Space funktioniert das Aspekteprofil von Destiny Beginner nicht. Das ist eine schlechte Nachricht für mich, denn es heißt bis zu einem gewissen Grad “zurück an den Start”. Dafür sollte es für euch, die Leser dieses Blogs, um so spannender werden, was da heraus kommt.

Erste Überlegungen zu Destiny Space

Da sich beim Destiny Regelwerk gerade nicht viel blog-Fähiges tut (ich entwerfe bis auf weiteres täglich meine 3 Plothooks), möchte ich euch heute kurz mein anderes Projekt vorstellen, wobei “Projekt” schon fast zu viel gesagt ist, denn Destiny Space ist momentan nicht mehr als ein sich lose entwickelndes Ideenkonzept. Noch.

Die Absicht, ein SF-Rollenspiel zu gestalten, hatte ich ja schon lange, hauptsächlich aus dem Gefühl geboren, dass erzählerische Science Fiction Mangelware ist. Nun habe ich mittlerweile mit Destiny eine Engine erfunden, die sich im Praxistest mehr als bewährt hat, sogar einigermaßen bekannt ist, und – ich habe einen Verbündeten gefunden: Einer meiner Mitspieler ist SF-Fan und arbeitet sogar an einem eigenen SF-Roman. Damit ist eigentlich alles da: Genre-Knowhow, Enthusiasmus und ein System, auf dem man aufsetzen kann.

Was mir da vorschwebt, ist eine kompakte Inkarnation des Destiny Beginner Regelwerks (mit oder ohne Große Gabe, das ist noch nicht raus) und einem konfliktreichen, überschaubaren, offenen Setting – quasi “Lys Marrah im Weltall”. Die konkreten Ideen für letzteres liegen schon auf dem Tisch, sind schlichtweg genial, aber da sie überwiegend nicht von mir sind, halte ich sie vorläufig noch unter Verschluss.

Durchaus nicht geheim sind hingegen die Schrauben, an denen ich verstärkt drehen muss, wenn Destiny Space – ganz nach dem Grundsatz “System matters” – ein in sich stimmiges Produkt werden soll. Als da sind:

  • Attributeprofil
  • Initiative
  • Fernkampf
  • Navigation
  • archetypische besondere Fähigkeiten
  • spieltechnisches Abbilden verschiedener Rassen/Völker

Durchaus also weit mehr als nur “Destiny Beginner im Weltraum”. Persönlich habe ich bei dem Gedanken an dieses Projekt ein ganz starkes Kribbeln im Bauch und freue mich total darauf!

Startschuss für den 3-Aufhänger-pro-Tag-Marathon

Ich halte es für wichtig, dass ein “literarisches” Produkt, egal ob Roman oder Rollenspiel, aus einem Guss ist. Beim Regelteil von Destiny Dungeon hatte ich mir zuerst selbst ein Bein gestellt, indem ich vieles zu unterschiedlichen Zeitpunkten geschrieben habe, mit dem Ergebnis, dass die Stilistik in der ersten Fassung sehr “volatil” war, was mir von meinem viel gedankten und noch dazu freiwilligen Lektor auch prompt um die Ohren geworfen wurde. Zurecht. Mit dem Ergebnis, dass ich den Regelteil quasi in letzter Minute fast neu schrieb. Daraus habe ich gelernt.

Weniger die Stilistik und mehr die Konsistenz betreffend, werde ich mich nun auf die Szenarien stürzen und diese in einem Guss verfassen. Ich habe mir daher für die nächsten Wochen vorgenommen, an jedem Werktag 3 Hex-basierte Plothooks zu verfassen. An manchen Tagen werden es natürlich mehrere werden (vorgestern z.B. waren es 10), an manchen weniger (gestern z.B. waren es 0). Worum es geht, ist, den Überblick zu behalten, damit die Aufhänger zusammen passen, von einander Sandbox-artig Elemente aufgreifen, aber auch nicht zu ähnlich sind. Hier ein Beispiel:

HEX 07/08 Rynius-Pass. Eine magische Barriere verhindert das Überqueren dieses Grenzpasses aus beiden Richtungen. Korgothische Truppen warten wie Raubtiere darauf, dass die Barriere fällt. Gespeist wird sie durch einen magischen Kristall, der in einer schwer zugänglichen Höhle abseits des Weges von Magiern aus Istrith bewacht wird. Der Kristall verliert allmählich seine Kraft, da korgothische Priester im nahen Wald ein Gegenritual durchführen.

Das reicht einmal fürs Erste. Sprachliches Fine-Tuning kommt später, ebenso wie Detailinfos (wieviele Priester, wieviele Magier, wie lange dauert Ritual…). In diesem Punkt werde ich noch ein wenig experimentieren, denn der Szenarienteil soll ja auch in gewisser Weise als SL-Teil der Settingbeschreibung fungieren. Während der “abstrakte” Settingteil eher reduziert ausfallen wird (also kein “Im NW des …. befindet sich der Rynius-Pass. Er ist seit Menschengedenken… bla bla bla”), sollen solche Informationen unmittelbar Abenteuer-Nutzen-stiftend in die Aufhänger eingebettet werden.

Mal sehen, ob und wie das am Ende gelingt.

Hex Hex

Letztes Mal habe ich euch das geplante Destiny-Setting Der Leere Thron vorgestellt, heute wollen wir es bildlich untermauern. Hier die Fassung, die 2009 entstanden ist:

und hier die aktuelle Fassung:

Man merkt, Destiny Dungeon hat seine Spuren bei mir hinterlassen. So sehr ich Hex-Felder früher abgelehnt habe, ich finde sie mittlerweile sehr praktisch. Sie machen es leichter, Entfernungen einzuschätzen (in diesem Fall misst ein Hex ca. 30 Kilometer, d.h. eine Tagesreise auf ebenem Gelände), vor allem aber kann ich etwas ganz Tolles damit tun: Ich kann gezielt Elemente und Abenteuer-Aufhänger im Setting platzieren, ohne kompliziert auf Karten verweisen zu müssen oder die geographische Lage zu beschreiben. Ganz im Sinne der Kompaktheit meiner AceOfDice-Spiele spart mir das Platz, der dafür für Abenteueraufhänger zur Verfügung steht.

Carcosa bedient sich dieses Ansatzes ja sehr vorbildlich, und für DLT gedenke ich es ähnlich umzusetzen, natürlich in kleinerem Rahmen. Mir schwebt dabei vor, jedes ca. 6. Hex-Feld mit einem Aufhänger zu befüllen und dafür die Meta-Informationen zum Setting entsprechend zu raffen. Bin gespannt, wie sich das mit den 10 veranschlagten Seiten ausgeht. Überschlagsmäßig sind es 30×30 Hex-Felder, davon fällt aber ca. die Hälfte ins Wasser. Damit wären 900 / 2 / 6 = 75 Plothooks auf meiner Agenda. Wenn ich 12 auf eine Seite kriege, brauche ich dafür 6-7 Seiten, der Rest bleibt für allgemeine Meta-Information. Wird knapp, könnte aber gehen.

Darf ich vorstellen: Der Leere Thron

Es ist an der Zeit, ein paar Worte über das Setting zu verlieren, welches im Destiny Regelwerk enthalten sein wird. Dass ein Setting enthalten sein wird, ist für mich nie eine Frage gewesen, denn meine “Unternehmensphilosophie” ist ja bekanntlich, Produkte zu veröffentlichen, die für sich selbst stehen können, quasi All-in-one-Spiele. Bei Flucht in Valmorca stand die Kampagne im Vordergrund und das Destiny Regelwerk war Teil des Anhangs, nun wird es umgekehrt sein: Das Destiny Regelwerk wird den größten Teil des Buches einnehmen und das Setting soll Anhangs-Quantität einnehmen.

Da es sich bei Destiny um ein recht klassisches Fantasy-Rollenspiel handelt, soll auch das Setting klassisch sein, d.h. einerseits EDO (Elves – Dwarves – Orcs), andererseits überschaubar und vielseitig, soll heißen thematisch nicht allzu sehr gebunden. Das Material dafür existiert bereits seit einiger Zeit in meiner Schublade. Das Setting heißt “Der Leere Thron” in Reverenz an den König, der bei der einstigen Besiedlung des Kontinents nicht mehr dabei war, weil er – wie viele andere auch – die Überfahrt nicht überlebte. Das Setting hat damit denselben Ursprung, der auch Destiny Dungeon zu Grunde liegt, nämlich dem alten Volk von Vaern, das gezwungen war, über das Meer der Kreisenden Winde zu fliehen und eine neue Heimat zu finden. Einige fanden sie in Istarea, andere in Telaskia, und letzteres wird den Rahmen für DLT vorgeben.

Das Destiny Regelwerk schließt damit die Lücke zwischen den bisher veröffentlichten Settings, denn auch die in Destiny Beginner enthaltene Stadt Lys Marrah, die zu meiner Freude sehr positive Kritiken bekam, ist eigentlich Teil des DLT-Settings. Damit erstrecken sich die dort gelobten Eigentümlichkeiten (wirtschaftliche Übermacht der Raratinca-Gnome, soziale Spannungen zwischen diversen Fraktionen, Diskriminierung der Zwerge etc.) automatisch auf das größere DLT-Setting, bereichert um einige klassische Elemente wie ein finsteres Schurkenreich Ras’Korgoth und eine von Orks beheimatete Ebene von Mhrenech, die ein offenes Fantasy-Setting einfach braucht und die es auch Lys Marrah-Spielern ermöglichen soll, aus der Stadt auszubrechen und in einen größeren Kontext einzutreten.

DLT und das Machtniveau des Destiny-Regelwerks sind natürlich auf einander abgestimmt, d.h. das Setting wird sich im Bereich der Low Fantasy bewegen, wenn auch im oberen Segment. Für die Aufbereitung habe ich mir übrigens etwas Besonderes ausgedacht, auf das ich in einem der nächsten Artikel zu sprechen kommen werde.

Struktur und Anrede im Regelwerk

Man glaubt ja gar nicht, was man alles falsch bzw. richtig machen kann, wenn man ein Regelwerk schreibt. Zum Beispiel die Frage, wie man den Leser ansprechen möchte. Das ist nämlich in keinster Weise trivial oder Geschmackssache, sondern hängt ganz stark mit Zielgruppe und geplanter Struktur zusammen.

Bei Destiny Beginner habe ich das unverfängliche Du-Wort verwendet und den Spieler (im Spielerteil) bzw. SL (im SL-Teil) direkt angesprochen: “Wähle anschließend aus nebenstehender Tabelle einen primären Aspekt. Dieser sollte die eine große Stärke deines SC auf den Punkt bringen.”

Bei Destiny Dungeon habe ich mich neutraler Formulierungen und Passivformen bedient: “Damit die Probe gelingt, muss mit dem W66 kleiner oder gleich dem Attributwert gewürfelt werden.”, allerdings muss ich rückblickend sagen, dass es dadurch sehr kühl und nüchtern klingt. Es eröffnet auch Probleme beim Formulieren von Regeln, die mehrere Charaktere involvieren, weil man dann immer klarstellen muss, wer “er” (der SC) und “er” (NSC, Gegner, anderer SC) ist.

Andere Varianten, die es noch gibt, sind das Verwenden von “man”, was mir aber persönlich nicht gefällt, oder die Anrede “Sie” wie im guten alten DSA, allerdings ist mein Gefühl, dass die Zeiten, in denen man im Regelwerk mit “Sie, verehrter Leser” angesprochen werden möchte, vorbei sind. Ein weiterer Grund, warum ich im Destiny-Regelwerk gerne versuchen würde, über die Anrede die Distanz zum Leser zu überbrücken und zum “Du”-Wort tendiere.

Das eröffnet allerdings eine weitere Front von Fragen, denn wer ist denn “du”? Ist “du” der Spieler oder der Spielleiter? Da kann man sich theoretisch behelfen, indem man in “du” grs. den Spieler adressiert und, wenn nötig, “du als Spielleiter” einfügt, aber spätestens bei Regeln, in denen beide vorkommen, wird das unnötig kompliziert: “Wenn du als Spielleiter eine Probe verlangst, dann nennst du das in Frage kommende Attribut. Als Spieler würfelst du dann mit dem W66 und versuchst…”. Nix gut.

Im Zusammenhang mit meiner Zielgruppenüberlegung habe ich mich daher dazu entschlossen, das Regelwerk zweizuteilen in einen (allgemeinen) Spielerteil und einen (spezielleren) Spielleiter-Teil. Das hat natürlich Vorteile und Nachteile. Ein Vorteil ist, dass ich den Spielerteil entkoppeln kann und damit automatisch eine Art “Spielerhandbuch” habe. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich sehr spezifisch auf den notwendigen Wissensstand des Lesers eingehen kann und z.B. nicht dem Spieler ausufernd erkläre, wie er NSCs erschaffen kann. Der Nachteil liegt natürlich auf der Hand und besteht in einer gewissen Zersplitterung des Materials. Was jetzt nicht furchtbar tragisch ist bei einem Regelwerk dieser Größe, aber es wird nicht allen gefallen. Die Alternative wäre Redundanz, d.h. das vollständige Wiederholen aller Regeln (zumindest in verknappter Form) im SL-Teil, aber das halte ich persönlich für Platz- und Geldverschwendung, da könnte ich gleich zwei separate Veröffentlichungen machen.

Fazit: Ich gedenke das Destiny-Regelwerk in einen Spielerteil und einen Spielleiter-Teil zu gliedern und in beiden den Leser mit “Du” anzusprechen. Im Prinzip das, was ich schon bei Destiny Beginner getan habe, aber mit etwas mehr Bewusstheit. Der Spielerteil wird die zum Spielen erforderlichen Regeln abdecken, der SL-Teil wird Details, optionale Regeln und SL-Hintergrundwissen beinhalten.

Struktur und Gewichtung

Ich habe ein bisschen über die Struktur des Destiny Regelwerks nachgedacht und bin zu dem Ergebnis gekommen, sie wird ein wenig anders werden als bei meinen bisherigen Veröffentlichungen, da der Schwerpunkt bei einem Grundregelwerk einfach ein anderer ist als bei einem Kampagnenbuch. Zum Vergleich:

  • Flucht von Valmorca: 10 Seiten Setting, 47 Seiten Szenarien, 12 Seiten Regelwerk. Der Fokus lag hier eindeutig auf der Kampagne. Das Regelwerk war quasi Beigabe, und das Setting (jenseits der Insel) eigentlich irrelevant (“Auf Valmorca sind alle gleich, har har!”)
  • Destiny Beginner: 26 Seiten Regeln (20 Seiten Spielerteil, 6 Seiten SL-Teil), 8 Seiten Setting, 12 Seiten Szenarien, 4 Seiten Referenzmaterial. Destiny Beginner sollte von allem etwas bieten, es ist mehr Gesamtpaket als Regelwerk.
  • Destiny Dungeon: 31 Seiten Regeln, 33 Seiten Setting, 56 Seiten Szenarien, 20 Seiten Referenzmaterial. Hier lag der Schwerpunkt eindeutig auf den Szenarien, zumal das Sandbox-Feeling ein ganz wichtiger USP war.

Für das Destiny Regelwerk sehe ich viel Regelwerk, wenig Setting und wenig Szenarien. Jede andere Gewichtung würde dem Gedanken, ein “Regelwerk” zu veröffentlichen, widersprechen. Hier soll einfach die Mechanik im Vordergrund stehen. Setting und Szenarien werden dazu dienen, dem Leser sofortiges Ausprobieren bzw. Losstarten zu ermöglichen, aber sie sind nicht der eigentliche Zweck der Veröffentlichung. Geschätzte Gewichtung in Prozent und Seiten:

    • Regelwerk 75% = 75 Seiten
    • Setting 10 bis 5% = 10 Seiten
    • Abenteuer 5 bis 10% = 5 Seiten
    • Tabellen und SL-Hilfen 10% = 10 Seiten

Sieht doch gar nicht so aufwändig aus, oder?