AceOfDice Sommerloch-News

Wo sind bloß die Zeiten, in denen ich hier 3-5 Artikel pro Woche verfasst habe und wöchentlich Fortschritte bei meinen Spielen berichten konnte! Seufzend stelle ich fest, dass ich ins Sommerloch, offenbar das Pendant zur Winterdepression, gefallen bin. Dazwischen jagen einander Kurzurlaube, unterbrochen von hier einem sommergrippalen Infekt und dort einem Stressinfarkt infolge agitierter Kinder. Die Hitzewelle mit drei Wochen á 30-35°C gab mir schließlich den Rest, aber 20°C wie letztens ist auch zu wenig. Ich bin halt doch ein typischer Wiener, man kann’s mir einfach nicht Recht machen…

Alles in allem war ich auch noch nie so unproduktiv wie dieser Tage. Seit ca. einer Woche schaffe ich meine 3 Hex-Felder pro Tag nicht mehr (bin irgendwo zwischen den versunkenen Ruinen von Norild abgesoffen), und technische Schwierigkeiten beim Zugang zu meinen Google Docs verhindern nachhaltiges Arbeiten am Regelwerk. Ergo Fortschritt = null.

Meine 4-Mädels-und-1-Teenager-Runde ist ebenfalls in Sommerpause getreten, Fortsetzung erst wieder ab Schulbeginn. Dafür bricht meine großartige Beginner-Runde in puncto Frequenz sämtliche Rekorde, inhaltlich steht dort ein Lys Marrah-Finale (nicht von mir geleitet) im Raum und der Beginn einer 7th-Sea-Kampagne, auf die ich schon sehr gespannt bin.

Eine große Konstante in meinem Leben ist – natürlich neben meiner Familie – ein Haufen großartiger oder zumindest liebgewonnener TV-Serien, die entweder zu Ende gegangen sind (GoT, Awake, Glee, Hawai 5-0, Revenge) oder vor kurzem begonnen haben (True Blood, Continuum, Covert Affairs, Dallas 2012, Teen Wolf) und mich nachhaltig faszinieren. Ja, im Fernsehen, da ist die Welt halt noch schwer in Ordnung und wohltemperiert.

Mir reicht’s. Ich hab’ genug von euch…

Seit über einem Jahr läuft sehr erfolgreich meine “Beginner-Runde”, die ich seinerzeit zusammen gebracht habe, um Menschen, die vorher noch nie rollengespielt haben, fürs Rollenspiel zu begeistern. Mittlerweile ist mir die Runde so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mich nicht mehr von ihr trennen möchte. Wir haben sogar eine neue Spielerin gefunden, die letzten Freitag Gelegenheit hatte, die Runde in Aktion zu sehen. Und wie!

Normalerweise sind Anekdoten nur für diejenigen interessant, die sie selbst erlebt haben, aber diese Episode möchte ich doch zu erzählen versuchen: Es geht um den Gnom N’goran, der von seinem Spieler mit fast schon erschreckender Plausibilität verkörpert wurde. Für Gold tat er (fast) alles, Freundschaft und Mitgefühl waren Luxus, den er sich nur in Ausnahmefällen leistete. N’goran war überaus kompetent und scharfsinnig, aber ein (Menschen-)Freund war er nicht. Ecce:

  • Die Mondpriesterin bittet die SCs, die Tränen der Nacht aus der Unterstadt zu bergen, damit sie als heilige Reliquie verehrt werden können. N’goran in Anwesenheit (!) der Hohepriesterin: “Die versprochene Belohnung ist schwach. Wir holen die Tränen und verscherbeln sie danach an den Meistbietenden.”
  • Auf dem Weg ins Innere des Tempels gelangen die SCs zu einem teilweise eingestürzten Gangstück. Unter einigen Brocken verschüttet liegt ein Zwerg, der noch lebt. Der SL deutet an, dass das Befreien des Zwerges den Gang (= Eingang zum Tempel) zum endgültigen Einsturz bringen könnte. N’goran: “Lassen wir ihn liegen. Er ist doch sowieso schon halb tot.”

Nun die Episode: Nachdem die SCs die Tränen der Nacht finden, entdeckt N’goran den vermeintlichen Ausgang aus dem System, allerdings wiederum stark einsturzgefährdet. Der SL erklärt drohendes Schadensvolumen und Probenmechanik zum Durchqueren. Die Gruppe überlegt eine Zeit, doch der Gnom verliert die Geduld. Mit den Worten “Mir reicht’s. Ich hab’ genug von euch…”, tritt er grantelnd in das Innere, würfelt und – “66”. Worst case:
Über, unter und hinter N’goran brechen die Trümmer zusammen, eine Staubwolke erfüllt den Tempel. Als er sich lichtet, ist N’goran Geschichte. Wir alle liegen fast am Boden vor Lachen, sogar N’gorans Spieler kann sich der Situationskomik nicht erwehren.

Einer der besten Abgänge, die man sich als Spieler nur wünschen kann:
“Mir reicht’s. Ich hab’ genug von euch…” – krawumms – tot.

In memoriam N’goran.
Wir werden dich vermissen (aber keiner wird es zugeben).

Bau einer Sandbox (Teil 5)

Wir haben uns bisher die Funktionen überlegt, die die Szenarien in der Sandbox erfüllen sollen. Wir haben uns coole Örtlichkeiten ausgedacht, diese mit Details gefüllt, Querverweise, Hinweise und Schlüsselgegenstände implementiert, und nun gilt es nur noch die Aufbereitung für den Spieler unter die Lupe zu nehmen.

Falls noch nicht geschehen, so wäre nun der Zeitpunkt reif für klangvolle Namen. Ich persönlich mache mir über Namen recht viele Gedanken. Ich gehe nach dem Klang, versuche eine Art “kulturelle Konsistenz” zu schaffen, verwende also für ähnliche kulturelle Zusammenhänge ähnliche Silben und Laute, und checke in alle Richtungen nach möglichen Assoziationen. Deshalb gibt es z.B. Städte wie Lovorn und Garavorn sowie solche wie Irrilnir und Iphanir. Ich neige manchmal auch zu Alliterationen wie “Höhlen von Haranorca”, aber damit muss man sparsam umgehen. Insgesamt ein schwieriger Prozess, der noch schwieriger in Worte zu fassen ist.

Zur inhaltlichen Aufbereitung. Wie schon erwähnt, brauchen die Spieler Material, von dem sie ausgehen können, also Elemente, die sie selbst aufgreifen können. Wenn die fehlen, kommt die Proaktivität der Spieler ins Stocken, und die Sandbox wird zur Sumpfbox. Ich habe daher jedem Szenario einen kurzen Text beigegeben, der Optionen eröffnen und inspirieren soll. Ein Beispiel aus Destiny Dungeon (Tote Brache):

Dieses unfruchtbare, von Schluchten und Erdspalten durchzogene Niemandsland bietet nur Aasfressern und halbdämonischen Kreaturen ein Zuhause. Einst stand hier Onkalioskey, die gloriose Kartenstadt der Elfen, doch der Diamant des Zerfalls  vernichtete sie und machte Platz für ein Schrecknis, das manche als den Tempel der Spinnenkönigin bezeichnen.

Die Spieler erhalten so mit wenigen Worten

  • eine Landschaftscharakteristik
  • einen Namen (“Onkalioskey”)
  • einen Aufhänger (“Kartenstadt”)
  • eine mythische Legende (“Diamant des Zerfalls”)
  • einen NSC (“Spinnenkönigin”),

insgesamt also genug Anhaltspunkte, um in der nächsten Taverne Fragen zu stellen oder selbst qua Fantasie Querverbindungen (z.B. Spinnengott-Spinnenkönigin) herzustellen.

Was die formelle Aufbereitung betrifft, so empfehle ich die Informationen so zu gestalten, wie sie auch in ähnlicher Art den SCs zur Verfügung stehen könnten. Etwas, das klingt wie aus der Gerüchteküche (“das manche …. bezeichnen”), wie eine Überlieferung oder ein Reisebericht ist hier besser geeignet als eine graue Box mit harten Fakten. Fakten sind etwas für den SL, für die Spieler sind eher weiche Anhaltspunkte gefragt. Gelegentlich streue ich auch Halbwahrheiten ein, mit falschen Gerüchten muss man allerdings sehr vorsichtig sein.

Und, ja natürlich, das Wichtigste hätte ich fast vergessen: die Karte. Ohne grobe Karte keine Sandbox. Die Spieler müssen wissen, zumindest ungefähr, wo sie in Relation zum Rest der Welt stehen. Kampagnen, in denen die Spieler das Heimatdorf verlassen und keinen Tau haben, was sich jenseits des nächsten Hügels befindet, können zwar auch interessant sein, basieren aber auf Unsicherheit und Unwissenheit, und daraus alleine wird keine gute Sandbox-Kampagne. Ich kann’s nicht oft genug betonen: Sandbox heißt Optionenvielfalt, wobei aus meiner (Designer-)Sicht die Betonung ganz klar auf “Optionen” liegt.

Tam-ta-ta-taaaa, ta ta ta ta ta Tam-da-da-ta-ta-ta-ta-ta-ta-ta-ta-ta Tam-ta-ta-taaaa

Ich schließe mich ja selten dem Rollenspiel-Blog-Karneval an, eigentlich deshalb, weil ich ein langsamer Denker bin und selten etwas zu sagen habe, das nicht schon jemand anderer schneller von sich gegeben hat. Diesmal aber will ich mitreden.

Was ist das Problem mit Musik im Rollenspiel? Ich höre immer wieder Stimmen, die sagen, das nervt, stört, lenkt ab, reißt raus, bringt weniger als es Aufwand oder Aufmerksamkeit kostet, … Ja, mag sein. Für einen Teil der Menschheit vielleicht. Das ist jener Teil, der Musik gar nicht mag, nicht offen genug ist und an jedem Musikstück, das nicht seinem Lieblings-Genre entspricht, etwas auszusetzen hat, der auditiv zu schwach oder zu stark ausgebildet ist und deshalb entweder nichts vom atmosphärischen Wert der Musik hat oder gezwungen ist, pausenlos hinzuhören, oder einen SL hat, der nicht weiß, wie er mit Musik umzugehen hat, sie als Dauerklangtapete verwendet, hektisch im Handy herumstochert oder ständig den Soundtrack von Indiana Jones strapaziert.

Aber es gibt ja auch noch andere Menschen auf diesem Planeten. Welche, die Musik mögen, diversen Musikstilen gegenüber aufgeschlossen sind, Musik emotional verarbeiten können und wollen, oder einen SL haben, der sein Medium beherrscht. Richtig eingesetzt und allseits (nicht nur mehrheitlich!) akzeptiert, ist Musik eine wunderbare Bereicherung. Ich selbst erinnere mich an jene Abenteuer meiner Jugend am besten, die mit Musik untermalt waren. Aber wir waren auch bereit, uns darauf einzulassen. Wir wusste nicht, dass es Jean-Michel Jarre’s First Rendez-vous war, das da vor sich hin grummelte, und es war auch egal, denn das Abenteuer war sauspannend und die Atmosphäre zum Greifen dicht.

Ich persönlich bin durch meine Professionalisierung mit Musik (wen’s interessiert, klicke hier) mittlerweile kaum mehr in der Lage, Musik “einfach so” auf mich wirken zu lassen, ohne sie zu analysieren. Ich bezweifle daher, dass ich mir leicht täte, sie beim Rollenspiel zu genießen, aber ich glaube auch, dass es eine Frage der Übung und Gewohnheit ist. Einlassen und zulassen sind die Zauberwörter.

Ich schließe diesen eher assoziativen Artikel mit einer kurzen Eigenwerbung aus dem Hause AceOfDice für meine Araclia Rollenspiel-Musik: 27 orchestrale Stimmungstracks zum zielgerichteten Einsatz, die meisten davon in Loops abspielbar. Übrigens der Verkaufsschlager auf rpgnow. Naja, einigermaßen zumindest.

Danke übrigens an Roachware für den Themenvorschlag!

P.S. Das Ratespiel, worauf sich der Blog-Titel bezieht, ist übrigens eröffnet.

Polyeder Podcast

Meine Ankündigung, irgendwann mal einen Podcast zu produzieren, war keineswegs leer. Ich habe nur auf den richtigen Partner gewartet, und mit Markus Widmer a.k.a. paradroid hab’ ich selbigen gefunden. Nun haben wir ernst gemacht, und ich darf präsentieren:

Polyeder Podcast – das vielseitige Rollenspiel-Programm
ab sofort zu hören auf polyeder.aceofdice.com sowie auf iTunes.

Geplant sind 15 bis 20-minütige Folgen zu allerlei Rollenspiel-assoziierten Themen, aktuellen Diskussionen, Fachbegriffen und Modewörtern, Spieleberichte und gelegentlich auch ein bisschen Hintergrundinfo aus der AceOfDice-Spieleschmiede. Folge 1 widmet sich den Themen Universalsysteme, Barbiespiel und den bereits hier im Blog diskutierten Hero-Points. Wenn wir das so hinkriegen, wie wir uns das vorstellen, soll es alle zwei Wochen eine neue Folge geben.

Was war für all dies nötig: Zunächst mal besorgten wir uns zwei USB-Mikrofone, stöpselten sie in unsere Notebooks und nahmen zeitgleich mit Audacity auf. Nach der ersten Session zeigten sich allerdings vor allem drei Dinge:

  • Ein ordentliches Stativ mit Popschutz muss her (damit nicht jedes “t”, “k” und “p” die Amplitude ausschlagen lässt).
  • MacBook und Windows-Notebook schaffen es beide nicht, mit Audacity gleichzeitig von zwei USB-Mikros aufzunehmen, d.h. zwei simultane Aufnahmen mussten gemacht und später synchronisiert werden. (Das Macbook konnte zumindest theoretisch damit umgehen, produzierte aber leider Störgeräusche. Wir wissen noch nicht, warum).
  • Und: Alexander, dessen Rundfunkerfahrung sich auf ein Assessment-Center beim ORF beschränkt, braucht noch Übung im Sprechen. Aber kein Meister ist je vom Himmel gefallen…

Beinahe wären wir schon mit der ersten Version on air gegangen, aber der Perfektionist in mir erhob Einspruch und forderte eine zweite Recording Session ein. Rückblickend waren wir damit wohl gut beraten. Die Soundqualität ist dank Popschutz deutlich besser geworden, und die Moderatoren waren deutlich konzentrierter als beim ersten Versuch.

Erstaunlicherweise waren die Aufnahmen nicht der größte Aufwand. Ich hatte eigentlich erwartet, dass dort die meiste Zeit reingehen würde, aber das war gar nicht so schlimm. Auch die inhaltliche Arbeit fiel im Gesamtvergleich nicht ins Gewicht. Ein bisschen Recherchieren in Blogosphäre und Foren, Nachlesen im einen oder anderen Regelwerk – Dinge, die man ja sowieso gerne tut. Wichtig war, sich vorher gemeinsam die Strukturen und Themen zu überlegen. Da half wiedermal GoogleDocs extrem!

Der größte Brocken war wohl der Schnitt, vor allem die Ähms, Öhms, Quasis & Co. herauszuschneiden, was Markus mit rundfunkerprobtem Geschick meisterte. Und zwar vorzüglich! Ich kann das echt beurteilen, weil ich weiß, wie es sich im Original anhörte (stottert-stammel-hust-keuch-schwafel). Der zweite große Brocken war die Musik. Da flossen auch einige Stunden in die Komposition und Produktion, und es werden auch noch mehr werden, weil ich noch ein paar cues schreiben möchte.

Am Ende gab’s noch ein bisschen Diskussion, ob und wieviel Levelling und Kompression. Hier hat Markus auch ganze Arbeit geleistet und eine tolle Balance zwischen Soundqualität und gefühlter Lautstärke hingelegt, um meinen Wunsch nach einem U-Bahn-tauglichen Podcast zu erfüllen.

Wenn ihr also gerade in der U-Bahn oder im Bus sitzt, stöpselt eure Ohrhörer rein und gebt euch den Polyeder Podcast. Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr uns danach im Polyeder-Blog, auf Facebook oder auf Twitter wissen lässt, wie es euch gefallen hat!

MR#19 Der W20 als Wurfgeschoß…

Den letzten Artikel meiner Meta-Rollenspiel-Serie möchte ich dem Thema Konflikte im Rollenspiel widmen. Ich hatte das Thema ja bereits im Themenspeicher, und ein aktueller Thread im Tanelorn hat mich nun noch zusätzlich inspiriert, meine Gedanken dazu zu ordnen und in 3 Thesen zum Besten zu geben.

1. Gemeinsames Rollenspiel ist ein Reibungspunkt. Es beginnt damit, dass es für die meisten Gruppen/Kampagnen wichtig ist, dass alle anwesend sind. Die Folge: lästiges Terminkoordinieren zwischen 5-6 Spielern ist keine seltene Herausforderung. Dann auch noch der ungleiche Vorbereitungsaufwand zwischen Spielern und Spielleiter: Wenn einer leiten will, der andere nicht, der eine sich das aber erwartet usw. Und da bin ich noch gar nicht beim eigentlichen Rollenspiel, wo man dann “in character” auch noch Meinungsverschiedenheiten ausspielen und lösen muss (Elfen vs. Zwerge, Diebe vs. Priester…) oder seine liebe Not mit dem Spielstil des SL hat, der ja doch prägend für das Gesamterlebnis ist und wo man weniger bereit ist, Kompromisse zu schließen als wenn einem nur das Nasenbohren des linken Nachbarn auf den Wecker fällt.

2. Gemeinsames Rollenspiel ist ein Katalysator. Vielleicht ist das nur eine Konsequenz aus 1., aber ich habe so ein bisschen den Verdacht, dass Rollenspiel gute wie schlechte Beziehungen im Positiven bzw. im Negativen verstärkt. Ein Grund dafür könnte sein, dass es leicht fällt, sich im Rollenspiel “hinter dem Charakter zu verstecken” und da z.B. Konflikte vom Zaun zu brechen, für die es auf normaler Ebene keine konkrete Zündung, sehr wohl aber einiges an Sprengstoff gäbe. Ein anderer Grund könnte sein, dass die meisten Rollenspieler dieses Hobby überaus hoch wertschätzen und da besonders sensibel auf Diskrepanzen reagieren.

3. Rollenspiel ist oft gar nicht der Punkt. Aber das Spiel bietet selbst auch Vorwand für Kritik – und die hat oft nur vordergründig mit dem Rollenspiel zu tun. So kann ich den SL wegen seines Spielleitungs-Stils kritisieren, obwohl mich in Wahrheit seine rechthaberische Art immer schon gestört hat. Oder ich ärgere mich über das “schlechte, unmotivierte Rollenspiel” eines anderen Spielers, beziehe mich damit aber in Wahrheit auf seine Art, Dinge einfach nicht ernst genug zu nehmen. Oder ich streite über das XP-Vergabesystem, ärgere mich in Wahrheit aber darüber, dass der Spielleiter mit dem Mitspieler rechts von mir besser befreundet ist und ihn bevorzugt. Kurz gesagt: Ich könnte mir vorstellen, dass oft über das Rollenspiel geredet und gestritten wird, in Wahrheit aber tiefer liegende Belange gemeint sind.

Spezifische Lösungsansätze gibt es ohnehin keine. Es gibt nur dieselben Regeln, die auch abseits des Rollenspiels für Konfliktbewältigung gelten: Missstände offen ansprechen, Kritik wertschätzend äußern, Ich-Botschaften, Grenzen setzen etc. Ich beende die Aufzählung, immerhin wollen die Autorenkollegen aus dem Bereich Ratgeber-Bücher ja auch noch ihr Geld verdienen.

Ist das nun alles ein Grund, sich zu überlegen, ob man sich so ein menschelndes Hobby überhaupt antun sollte? Ich sehe gerade darin den Mehrwert! Wer die Gelegenheit nutzt, kann beim Rollenspiel vieles über Menschen lernen, auch und vor allem über sich selbst. Was für ein großartiges Bonusmaterial!

Gemeinsames Rollenspiel ist ein Reibungspunkt

MR#18 Per aspera ad astra oder: Bitte, hau mich in die Pfanne!

Ich möchte heute über Härte oder sagen wir: Schwierigkeit schreiben und dazu anregen nachzudenken, ob und wie wichtig es im Rollenspiel ist, mit echten Herausforderungen zu arbeiten.

Ich selbst habe bei einem relativ harten Spielleiter “gelernt”, dessen NSCs immer alles wussten und alles konnten und dessen Abenteuer keine strategischen Fehlentscheidungen verziehen. Bei ihm trampelten die 1000 Oger beinhart Wehrheim nieder, und Gefangenschaft war kein seltener Epilog. Kurz gesagt, ich bin’s gewohnt, im Rollenspiel gefordert zu sein. Es gefiel mir damals, und es gefällt mir auch heute noch (sofern es fair abläuft). Ich möchte mir meine XP immer noch sauer verdienen und mit der Befriedigung nach Hause gehen, einmal mehr etwas vollbracht zu haben.

So dahin zu spielen und den SL dabei zu beobachten, wie ihm der Schweiß auf der Stirn steht und er allmählich beginnt, hinter dem Paravent zu würfeln, damit die Spieler auch ja den Encounter überleben – ein Albtraum. Spielleiter, die jeden Mist, den ich als Spieler von mir gebe, mit “Hm, könnte funktionieren…” quittieren – ein Albtraum. Verdammt, ein Spielleiter muss doch auch mal nein sagen können! Ich glaube, ich fände es belebend, mal wieder ordentlich einzufahren, um mich nachher aus der **** ziehen zu müssen.

Leider war mir das lange Zeit nicht vergönnt, weil in meiner Runde lauter nette Menschen spielten, die keiner Fliege was zuleide taten. In meiner Beginner-Runde allerdings, da spürte ich letztens wieder diesen Nimbus der Bestimmtheit und des gefordert-Seins. Obwohl der SL zum ersten Mal leitete, wusste er genau, was vor sich geht und wo er uns Spieler haben wollte. Und als wir den abgerichteten Säbelzahntiger neben dem bösen Magier erspähten, da fielen mir beinahe die Chips aus dem Mund, denn ich wusste, wenn wir jetzt einen Blödsinn machen, bricht uns das Vieh das Genick…

So wünsche ich mir das. Bin ich damit eigentlich in der Minderheit?

MR#17 Keine Lust auf Gummi

Beim Thema Instrumente und Methoden der Spielleitung muss ich zwangsläufig an einen Mechanismus denken, der momentan relativ “modern” ist, obwohl es ihn ja eigentlich schon seit den Force Points (oder sogar länger) gibt. Die Rede ist von Gummipunkten a.k.a. Bennies, Style-Points, Dramapunkte o.ä. Gummipunkte kommen in vielen Arten und Formen, aber die Grundform ist aus Gummi weil:

  1. ihre Vergabekriterien höchst subjektiv sind. Sie werden für “coole Aktionen”, für “heroisches Rollenspiel” und ähnliche weiche Begriffe vergeben und
  2. ihre Einsatzmöglichkeiten sehr offen gestaltet sind. So können sie – je nach System – mehr oder minder jederzeit eingesetzt werden, z.B. um eine Probe auszubessern, sich eine solche zu ersparen oder einen Patzer abzuwenden oder das Geschehen sonstwie in Richtung der SCs positiv ausschlagen lassen.

Ich bin mir nicht sicher, ob Gummipunkte nur ein erzählerisches oder auch ein spielerisches Instrument sind. Sie fördern den Erzählfluss, das Drama und die Risikobereitschaft der Spieler, auf der anderen Seite sind sie ein klassischer Joker, der Launen des Würfels (das Scheitern des SC beim final blow o.ä.) abfedert oder abfängt.

Ich persönlich bin kein großer Fan von Gummipunkten. Sie verursachen mir zwar keine körperlichen Schmerzen, aber ich bin im Grunde meiner Seele ein Old-School-Spieler, der den Spieltechnik-induzierten Nervenkitzel braucht. Genau der wird aber durch Gummipunkte aufgeweicht, wenn man sich mit genügend solchen vor keiner verhauten Probe, vor keinem Patzer mehr fürchten muss.

Was mich aber besonders misstrauisch macht, ist, wenn Gummipunkte als Belohnungssystem verwendet werden. Für coole Aktionen, für gutes Rollenspiel, für Proviantbeschaffung u.v.a. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das so cool finde. Die Zeiten, in denen Spielerleistungen mit XP belohnt wurden, sind mittlerweile vorbei; es hat sich – meiner Beobachtung nach – durchgesetzt, dass weniger die Spieler, sondern eher die Charaktere mit XP belohnt werden. Und trotzdem scheint diese überkommene Art der Spieler-Bewertung in neuem Gewand – in Form von Bennies & Co – wieder über uns zu kommen. Übertriebene Befürchtung oder gerechtfertigtes Misstrauen?

Respektbezeugung für alle Podcaster

Der gestrige Abend ist nicht spurlos an mir vorübergegangen. Mit einem Schlag wurde mir klar, wie schwierig es eigentlich ist, eine ordentliche Aufnahme auf die Beine zu stellen. Das technische Equipment und Knowhow sind noch das Geringste. Viel kritischer ist es, den richtigen mentalen Zustand mitzubringen, den Umgang mit Stimme und Mikro zu beherrschen und – vor allem – zu wissen, was man eigentlich sagen möchte, ohne zu stammeln und zu schwafeln.

Weil ich eben gerade höchsten Respekt vor allen Podcastern dieser Welt empfinde, möchte ich das zum Anlass nehmen, hier die drei Rollenspiel-Podcasts zu empfehlen, die ich am regelmäßigsten höre (so regelmäßig, wie sie eben kommen): PiCast und System Matters sowie den Greifenklaue-Podcast. Ich hoffe, die geneigten Leser fügen per Kommentar weitere Lieblings-Rollenspiel-Podcasts hinzu.

Falls sich jetzt der eine oder andere fragt, was mich plötzlich mit dem Thema Podcast verbindet: Die Antwort darauf ist ein gut (aber nicht mehr allzu lange) gehütetes Geheimnissss…

MR#16 Was macht dich zu einem guten Spielleiter?

Oh weh, wieder einer von diesen Artikeln über das bessere Spielleiten? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Anstatt alle möglichen Aspekte des Spielleitens durchzuwalzen und am Ende zum Ergebnis zu kommen, dass fast alles eine Frage des persönlichen Stils ist, nehme ich gleich die Abkürzung zum Subjektiven und stelle die Frage: Welche 3 Eigenschaften/Methoden machen dich zu einem guten Spielleiter?

Ich schreite gerne voran und teile mit euch jene drei Punkte, von denen ich meine, dass sie meine Stärken als Spielleiter wiedergeben. Anschließend würde ich mich freuen, wenn auch ihr eure 3 bedeutendsten Vorzüge im Kommentar posten würdet.

  • Ich plane und bereite mich vor. Ich bin nicht besonders gut darin, mir einen Plot während des Spiels auszudenken. Details? Ja. Komplikationen? Ja. Einen ganzen Plot samt NSCs? Nein. Ich nehme mir daher im Vorfeld die Zeit, zumindest einen A4-Zettel mit NSCs, Szenen, Örtlichkeiten und einem groben Verlauf zu befüllen. Ich sehe es irgendwie als meine Pflicht, mit der Spielzeit verantwortungsvoll umzugehen, und dazu gehört in meinem Fall, gut vorbereitet zu sein, auch wenn es Arbeit ist.
  • Zuckerbrot und Peitsche. Das optimale Mischungsverhältnis zwischen “hart” und “zart” ist bei jeder Runde ein anderes, aber die Fähigkeit zu dosieren ist hilfreich. Was meine ich: Einerseits komme ich als “Zuckerbäcker” den Spielern entgegen, greife ihre Ideen auf, gebe ihnen Gestaltungsspielraum. Auf der anderen Seite trete ich als “Peitschenschwinger” für den Abenteuerplan ein, bewahre den Schwierigkeitsgrad, verteidige meine genialen NSCs. Als Zuckerbäcker agiere ich mit den Spielern und ignoriere auch die eine oder andere Lücke in der Spielerlogik. Der Peitschenschwinger wiederum verzeiht keine Fehler, sondern nutzt sie auch noch zur Steigerung des Dramas aus. Er steigt aufs Gas, erhöht den Schwierigkeitsgrad und bringt die Spieler ins Schwitzen – damit sie sich am Ende rühmen können, ihren Erfolg verdient zu haben.
  • Ich lebe mit. Manchmal fast schon zu viel, denn ich bin der Typ, der bei “E.T.” ein Taschentuch braucht. Auch wenn Sentimentalitäten im Rollenspiel eher selten durchbrechen, so gibt es bei mir immer einen emotionalen Funken, den ich versuche überspringen zu lassen. Wenn man selbst begeistert ist – vom Setting, vom Abenteuer, von den NSCs – dann fällt es leichter, auch andere zu begeistern. Man beginnt wie von selbst, “Magie” zu vermitteln. Wäre ich ein SL, der keine Begeisterung über den Tisch brächte, könnte ich wohl bestenfalls “solide” leiten.

Nach dieser Selbstkundgabe hoffe ich, von euch zu erfahren, was euch zu guten Spielleitern macht. Wer von euch selbst nicht leitet, sondern spielt, kann gerne 3 Wünsche posten, wie der ideale Spielleiter für ihn/sie auszusehen hat.