Für mich war immer eine ungeschriebene Regel im Rollenspiel, dass das Gebaren eines Spielercharakters für den SL tabu ist, sprich: Ein SL sollte nicht diktieren, wie sich ein SC fühlt, was er tut, schon gar nicht, was er sagt. Typisches Beispiel für ein solches Eingreifen ist der misslungene Moralwurf, bei dem der SL wohl versucht ist, aber nicht bestimmen sollte, ob ein SC schreiend das Weite sucht oder sich ängstlich zusammen kauert.
Unlängst ist mir bewusst geworden, dass diese allgemein recht hoch gehaltene Integrität ohnehin schon ziemlich ausgehöhlt ist. Mir z.B. passiert es ständig, dass der SL in meine “Spielersphäre” eingreift. So würfle ich z.B. nach einem durchaus vielversprechend rollengespielten Gespräch auf Charisma, verhaue die Probe, und der SL erfindet, dass ich irgendwie nicht den rechten Ton treffe. Arrg. Oder ich weiß als Spieler genau, dass sich hinter dem Vorhang jemand versteckt, aber ich darf nicht danach handeln, weil mein SC seine Wahrnehmungsprobe versemmelt hat. Arrg. Oder ich springe auf ein Pferd, um einem Gegner nachzujagen, und mein SC bringt sich halb um bei dem Versuch, in den Sattel zu steigen, weil ich die Reiten-Probe nicht schaffe. Arrg.
All diese Dinge sind für mich “charakter-verfremdend” oder “-entfremdend”. Sie hindern mich daran, mich mit meinem Charakter zu identifizieren, zumindest ein Stück weit. Ich habe mir daher fest vorgenommen, als SL in Zukunft bewusster auf diese Kleinigkeiten zu achten und auch in eher simulationistischen Systemen möglichst wenig in die Spielersphäre einzugreifen. In obigen Beispielen z.B. würde ich vielleicht auf die Probe verzichten oder, im Falle des Reitens, eher das Pferd bocken lassen als dem SC abzusprechen, behende in den Sattel zu springen. Nach dem Motto: Das Pferd gehört dem SL, der SC aber dem Spieler.